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Zugewinnausgleich unter Ehegatten: Auseinandersetzung beim Alleineigentümer einer Immobilie und gemeinsamen Kredit

Nicht selten kauft nur ein Ehegatte eine Immobilie, entschließen sich aber beide, den Kredit zur Finanzierung gemeinsam aufzunehmen. Das Alleineigentum wird beispielsweise gern dann gewählt, wenn dieser Ehegatte allein erhebliches Eigenkapital zur Anschaffung investiert. Oft verlangt die Bank aber die gemeinsame Kreditaufnahme zur Sicherheit . Zahlt nun der Nichteigentümer die Finanzierungsraten und geht die Ehe später in die Brüche, so fragt sich, wie dieser Umstand bei dem gesetzlichen Güterstand des Zugewinnausgleichs zu bewerten ist. Der Bundesgerichtshof (BGH) klärt dies in seiner Entscheidung vom 06.11.2019, XII ZB 311/18. Er erklärt grundsätzlich, dass der Ehegatte, welcher den höheren Zugewinn während der Ehe erwirtschaftet hat, dem Ehegatten mit dem geringeren Zugewinn die Hälfte des Überschusses als Ausgleich schuldet (Zugewinnausgleich). Die Behandlung der Schulden hängt von dem Innenverhältnis der Eheleute ab, was sie also dazu vereinbarten, bei fehlender Vereinbarung nach dem Inhalt und Zweck des Rechtsverhältnisses oder aus der tatsächlichen Gestaltung. In der Regel werden die Eheleute hier keine ausdrücklichen Vereinbarungen geschlossen haben und es wird anzunehmen sein, dass selbst bei alleiniger Zahlung durch den „Nichteigentümerehegatten“ die Immobilie mit ihrem Wert allein beim Eigentümer bleibt. Die Leistung der Darlehensraten kann – mangels abweichender Vereinbarung – auch nur als Beitrag zum Familienunterhalt betrachtet werden, welche nicht zurückgefordert werden kann. Es wäre aber ein grob unbilliges Ergebnis, wenn der Eigentümerehegatte Vorteile aus dem Kredit beim Zugewinn ziehen könnte, obwohl ihm zweifelsohne der Immobilienwert allein verbleibt. Im Urteilsfall des BGH war die Immobilie bereits bei Eheschließung angeschafft (Anfangsvermögen), den gemeinsamen Kredit übernahm der Eigentümerehegatte allein bereits bei der Trennung. Daher durfte er im Endvermögen (Stichtag Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags) den vollen noch offenen Kreditbetrag berücksichtigen lassen. Würde man im Anfangsvermögen bei ihm nun nur die damalige hälftige Kreditsumme aufgrund der Verteilung des Schuld auf beide Ehegatten annehmen, dann wäre das für ihn vorteilhaft ( höhere Schulden beim Endvermögen bedeuten einen geringeren Zugewinn). Der BGH kommt daher zu dem Ergebnis, dass nicht nur der Wert der Immobilie, sondern auch die Kreditschuld ausschließlich beim Eigentümerehegatten zu berücksichtigen sind, und dies sowohl beim Anfangs- wie beim Endvermögen. Der Vorteil aus einer Verringerung der Kreditschuld durch die Ratenzahlungen und einer Erhöhung des Immobilienwerts stellt Zugewinn beim Eigentümerehegatten dar, der ggf. auszugleichen ist. Dieses Ergebnis begründet das Gericht auch damit, dass bei Annahme eines Verkaufs der Immobilie auch ohne Scheitern der Ehe der Eigentümer natürlich nicht die Abzahlung des Kredits von seinem Partner verlangen würde, der Kredit werde dann mit dem Verkaufserlös abgelöst.

Die Entscheidung zeigt, dass Fragen des Zugewinnausgleichs nicht mit einer schematischen Rechnung, sondern nur durch logische Denkweise und wirtschaftlich vernünftige Annahmen gelöst werden können. Wollen allerdings (künftige) Ehegatten dies genau erklärt wissen, oder durch besondere Vereinbarungen davon abweichen, so ist verbindliche Rechtsberatung unerlässlich.

Wem gehört das Geld? Von Sparbüchern, Konten und Depots „für die Kinder“

Eltern, Großeltern oder andere Verwandte legen oft für minderjährige Kinder Vermögen bei Banken an. Spätestens mit Volljährigkeit, aber auch schon vorher bei Abhebungen durch die verfügungsberechtigten Erwachsenen stellt sich die Frage, wem das angelegte Geld eigentlich gehört, und, ob daneben Ansprüche des Kinds auf Ersatz für abgehobenes Geld bestehen. Dazu hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Beschluss vom 17.07.2019 (XII ZB 425/18) sehr differenziert Kriterien aufgestellt, nach denen im Einzelfall die Fragen der Inhaberschaft der Forderung gegen die Bank und daraus herzuleitender weitere Ansprüche zu klären sind. Im Urteilsfall ging es um ein Sparbuch, das die Eltern allein auf den Namen des Kinds bei einer Bank angelegt hatten. Der Vater verfügte über einen größeren Betrag des Sparguthabens, als das Kind noch minderjährig war und hielt das Sparbuch weiterhin in seinem Besitz. Erst nach Volljährigkeit des Kinds händigte er das Sparbuch, auf dem noch ein geringes Restguthaben war, aus. Der BGH stellt klar, dass sich die Frage der Inhaberschaft des Sparbuchguthabens sich nicht allein danach richtet, ob die Eltern das Sparbuch zurückbehalten und so dem Kind die Auszahlungsmöglichkeit entziehen. Allein die rechtliche Beziehung des Kinds zur Bank (Außenverhältnis) kann daher nur ein Indiz für die Berechtigung sein. Gleiches mag wohl für den Umstand, auf wen der steuerrechtliche Freistellungsauftrag lautet, gelten.Maßgeblich ist das Innenverhältnis zwischen den Eltern und dem Kind und die hiernach zu beantwortende Frage, ob dem Kind allein das Guthaben zustehen soll. Weitere Fragen, die laut BGH zur Klärung des Innenverhältnisses dienen: Aus welchen Mitteln wurde das Guthaben angespart, insbesondere allein aus den Mitteln der Eltern oder auch aus anderer Quelle? War absehbar oder unter den Eltern abgesprochen, dass das Guthaben auch bei finanziellen Engpässen oder für bestimmte Ausgaben verwendet werden darf? Wann wurde das Kind über das Guthaben informiert, welche Rechte sollte es daran haben?
Aber was soll gelten, wenn nicht – wie im Urteilsfall des BGH – ein Sparbuch, sondern eine andere Art der Vermögensanlage „für das Kind“ erfolgte? Da auch hier von einem Treuhandverhältnis zwischen Eltern und Kind auszugehen sein wird, müssen die gleichen Fragen wie beim Sparbuch ebenso geklärt werden, um eine sachgerechte Zuordnung der Inhaberschaft des Geldes und etwaiger Ersatzansprüche zu ermöglichen.

Wenn die Ehe oder Partnerschaft scheitert und nur noch einer die gemeinsame Immobilie bewohnt

Welche rechtlichen Konsequenzen ergeben sich aus dem Auszug eines Partners aus der gemeinsamen Immobilie? Grundsätzlich genießt der in der Wohnung verbleibende Partner dann einen Wohnvorteil, der  bei Unterhaltsansprüchen als zusätzliches Einkommen behandelt wird. Geht es nicht um Unterhalt, so sind jedenfalls Auswirkungen bei der Behandlung des Miteigentums und der Vermögensauseinandersetzung zu beachten. Fordert der ausgezogene Miteigentümer den anderen eindeutig auf, eine Nutzungsentschädigung für die alleinige Nutzung der Wohnung zu bezahlen, so wird von da an die Entschädigung geschuldet. Allerdings kann der in der Wohnung verbliebene Bewohner von der Entschädigung die Kosten hälftig abziehen, welche er in voller Höhe für die Immobilie trägt, es sei denn, die Partner hatten eine vom Gesetz abweichende Verteilung der Kosten vereinbart (dann richtet sich der Abzug nach den vertraglich bestimmten Anteilen). Auch die laufenden Kosten der Finanzierung mittels Zahlung der Raten für das gemeinsame Darlehen können hälftig abgezogen werden.

Wie ist dies zu beurteilen, wenn ein Partner die Wohnung verlässt, ohne eine Nutzungsentschädigung für die Zukunft vom anderen zu verlangen, der dann sämtliche Kosten trägt? Kann dann der in der Immobilie verbliebene Partner auch sämtliche Kosten hälftig bei der Auseinandersetzung der Immobilie (Verkauf oder Zwangsversteigerung) als zusätzlichen Erlösanteil verlangen? Diesen Fall hatte der BGH zu beurteilen (BGH XII ZR 108/17). Er sieht in dem Umstand, dass der ausgezogene Partner mangels Begehren einer Nutzungsentschädigung quasi wortlos duldet, Gründe für eine Beschränkung des Erstattungsanspruchs. Er soll auf die Höhe der Nutzungsentschädigung begrenzt werden. Da es dem weichenden Partner nicht  zuzumuten sei, die Wohnung weiter zu nutzen, müsse dem Ausgleichsanspruch die (mögliche) Entschädigung entgegengesetzt werden, andernfalls würde die ausziehende Partei nur bei künftiger Geltendmachung der Nutzungsentschädigung einen Ausgleich erhalten.

Der Fall zeigt die Komplexität der Auswirkungen der räumlichen Trennung bei gemeinsamen Miteigentum der Partner. Ganz unabhängig davon, ob eine Ehe, gleichgeschlechtliche Partnerschaft oder eine nichteheliche Lebensgemeinschaft vorliegt, sollten die Beteiligten mit Erwerb, spätestens aber mit Absicht der räumlichen Trennung, Regeln für den Fall des Auszugs der Vermögensauseinandersetzung in einer notariellen Vereinbarung treffen.

Verluste bei steuerfreien Nebentätigkeiten (z. B. Sporttrainer) ausnützen

Erfreulicherweise werden für Einnahmen aus bestimmten nebenberuflichen Tätigkeit (z. B. als Sporttrainer) derzeit bis zu einer Höhe von 2.400 EUR jährlich keine Einkommensteuern erhoben. Der Gesetzgeber wollte damit einen wirtschaftlichen Anreiz für die oft im Bereich des Ehrenamts übernommenen Aufgaben schaffen, für die es regelmäßig nur geringe finanzielle Entschädigung gibt. Die Vorschrift § 26 Nr. 3 Satz 1 Einkommensteuergesetz lautet:

„…Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten, aus nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeiten oder der nebenberuflichen Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen im Dienst oder im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, oder einer unter § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung) bis zur Höhe von insgesamt 2.400 Euro im Jahr…“

Gerade wegen der geringen Entlohnung dieser Tätigkeiten stellt sich die Frage, wie Ausgaben aus der nebenberuflichen Tätigkeit steuerrechtlich behandelt werden. Dazu sagt Satz 2 des § 26 Nr. 3 Einkommensteuergesetz:

„…Überschreiten die Einnahmen für die in Satz 1 bezeichneten Tätigkeiten den steuerfreien Betrag, dürfen die mit den nebenberuflichen Tätigkeiten in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c nur insoweit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen...“

Das klingt auf den ersten Blick eindeutig, als Ausgaben nur dann und insoweit abgezogen werden, wenn der steuerfreie Betrag der Einnahmen (derzeit 2.400 EUR, s.o.) überstiegen wird und die Ausgaben die Einnahmen übersteigen. Berücksichtigungsfähig sind nur die Ausgaben, soweit sie den steuerfrei gestellten Betrag der Einnahmen übersteigen.

Beispiel 1: F ist Sporttrainerin und erhält als Entschädigung jährlich 3.000 EUR. Sie hat aber Ausgaben der Nebentätigkeit von jährlich 2.700 EUR (z. B. Reisekosten). Dann braucht sie für 2.400 EUR keine Steuern zu bezahlen; von den über diesem Betrag liegenden Einnahmen hat sie 300 EUR zu versteuern ( 600 EUR abzüglich 300 EUR, um welche die Ausgaben von 2.700 EUR den steuerfreien Betrag von 2.400 EUR übersteigen).

So weit, so gut. Wie aber, wenn der steuerfreie Betrag bei den Einnahmen aus Nebentätigkeit gar nicht erreicht wird, die Ausgaben aber ihn schon übersteigen?

Beispiel 2: Wie Beispiel 1, aber die nebenberuflichen Einnahmen von F betragen nur 2.000 EUR jährlich, die Ausgaben 2.700 EUR.

Mit diesem Fall hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 20.12.2017, Aktenzeichen III R 23/15, befasst. Im Gegensatz zur Finanzverwaltung vertritt er die Auffassung, dass die Ausgaben in Höhe der Differenz zu den Einnahmen abgezogen werden können. Der BFH begründet dies damit, dass Satz 2 von § 3 Nr. 26 Einkommensteuergesetz nicht angewendet werden könne, da er nach dem Wortlaut nur bei dem Überschreiten des steuerfreien Betrags der Einnahmen gelte. Anzuwenden sei daher § 3c Absatz 1 Einkommensteuergesetz. Die Vorschrift besagt, dass Ausgaben, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, nicht abgezogen werden dürfen. Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass das Wort „soweit“ in dieser Vorschrift eine Auslegung zulässt, nach welcher sämtliche Ausgaben, die den steuerfreien Betrag der Einnahmen übersteigen, abzugsfähig sind. Andernfalls wären Steuerpflichtige bezüglich Einkünften außerhalb der nebenberuflichen Tätigkeiten nach § 3 Nr. 26 Einkommensteuergesetz besser gestellt, da sie alle Ausgaben, die mit der Tätigkeit in engen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, abziehen können.

Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs kann F daher im zweiten Beispielsfall von 2.000 EUR Einnahmen 2.700 EUR Ausgaben abziehen, sie hat negative Einkünfte (Verlust) von 700 EUR. Dieser Verlust ist bei der Besteuerung aller Einkünfte zu berücksichtigen, mindert also die Steuern.

Es bleibt allerdings abzuwarten, ob der Gesetzgeber auf diese Entscheidung reagiert und den Wortlaut des § 3c Einkommensteuergesetz so ändert, dass die Auslegung des Bundesfinanzhofs nicht mehr möglich ist.

Auskunft und Höhe des Unterhalts bei hohem Einkommen

Die Höhe des Ehegattenunterhalts bemisst sich gemäß der Unterhaltstabelle und Rechtsprechung nach den sogenannten ehelichen Lebensverhältnissen. Wie beurteilt sich dies, wenn der Unterhaltspflichtige sehr gut verdient und sogar angibt, er sei „unbegrenzt leistungsfähig“? Hat der Berechtigte überhaupt ein Recht auf Auskunft zu Einkommen und unterhaltsrelevanten Umständen, wenn genügend Einkommen da ist? Wie bemisst sich die Höhe des Unterhalts bei derartigen Fällen? Der Bundesgerichtshof (BGH) äußert sich zu diesen Fragen in seiner Entscheidung vom 15.11.2017 – XII ZB 503/16. Er stellt zunächst fest, dass die Verpflichtung zur Auskunft nur dann entfällt, wenn ihre Erteilung aus keinem denkbaren Gesichtspunkt heraus den Unterhaltsanspruch beeinflussen kann. Dies liegt nur in Ausnahmefällen vor, wenn z. B. ein Unterhalt wegen Krankheit oder Alter ausgeschlossen werden kann, weil die Voraussetzungen dazu zum „Einsatzzeitpunkt“ (beispielsweise bei einer Scheidung spätestens die letzte mündliche Verhandlung vor Rechtskraft der Entscheidung) noch gar nicht vorlagen. Hingegen erscheint dem BGH das Recht auf Auskunft nicht bezüglich von Fragen der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten notwendig, sondern auch zur Beurteilung von Fragen des Bedarfs, der Bedürftigkeit des Anspruchstellers sowie der Prüfung des Unterhaltstatbestands der Aufstockung (Ausgleich für die unterschiedlichen Einkommen der Ehegatten). Daher kann die Auskunft auch verlangt werden, wenn der Pflichtige sich für unbegrenzt leistungsfähig erklärt. Zur Höhe des Unterhalts äußert sich der BGH im Hinblick auf den naheliegenden Einwand des Pflichtigen, bei sehr guten Einkommensverhältnissen habe das Einkommen nicht vollständig nicht der Lebensführung bzw. dem Konsum gedient, sondern anderen Zwecken (z. B. der Vermögensbildung). Das höchste deutsche Zivilgericht sieht dabei untergerichtliche Entscheidungen als nicht zu beanstanden an, wenn sie bei einem Einkommen des Pflichtigen in einer Höhe bis zum doppelten Betrag der höchsten Einkommensstufe der Unterhaltstabelle „tatsächlich vermuten“, dass das gesamte Einkommen zu Konsumzwecken verbraucht wurde. Entsprechend dürfe in diesen Fällen der Unterhalt nach einer Quote gemäß der gängigen Rechtsprechung und den Unterhaltsleitlinien bestimmt werden. Mit anderen Worten liegt also die Grenze für eine Vermutung des völligen Verbrauchs des Einkommens für Konsum derzeit bei 11.000 EUR unterhaltsrelevantem monatlichen Nettoeinkommen des Pflichtigen, bis dahin kann einfach nach Quote der Unterhalt bestimmt werden. Liegt das Einkommen darüber, so muss der Berechtigte darlegen, in welchem Umfang es für den Konsum verbraucht wurde. Widerspricht der Unterhaltsschuldner dieser Behauptung „substanziiert“ (also mit einer detaillierten Begründung), so geht die Darlegungs- und Beweislast bezüglich des Unterhaltsbedarfs an den Anspruchssteller. Er muss also (im Zweifel mit Belegen) vortragen, dass das Einkommen vollständig für den Konsum verbraucht wurde, damit er den quotalen Unterhalt erhält. Erst wenn ihm das nicht gelingt, muss er  darlegen, wie hoch sein „konkreter“ Bedarf beim Unterhalt ist, mit anderen Worten, was er für den Unterhalt während der Ehezeit üblicherweise erhielt und auch noch benötigt.

Die höchstrichterliche Entscheidung ist eine „Richtschnur“ für die Familiengerichte, damit sie mit Fragen zur Auskunft und der Höhe des Unterhalts bei hohem Einkommen des Pflichtigen besser umgehen können. Andererseits wird man auch den Einzelfall anzusehen haben und z. B. bei besonders sparsamen Eheleuten mit gutem Einkommen und intensiver Vermögensbildung („hohe Kante“) abzuwägen haben, ob das  Einkommen des Pflichtigen einfach nach Quote verteilt wird.

Für die vorbeugende Beratung zum Abschluss eines Ehevertrags bei „Besserverdienern“ drängt sich jedenfalls der Gedanke auf, den Unterhaltsbedarf für den nachehelichen Unterhalt auf einen angemessenen Betrag zu begrenzen, um damit Streitigkeiten zu vermeiden. Natürlich müssen dabei die Grundsätze der Rechtsprechung zur Wirksamkeit derartiger Klauseln beachtet werden.

Das Ende der Daten-CD: Deutschland erhält jetzt von ausländischen Banken direkt Auskünfte!

Daten-CD war gestern. Der teure Einkauf von Daten der Kunden bei ausländischen Banken erübrigt sich, weil zwischenzeitlich sehr viele Länder ein Abkommen ratifiziert haben, mit dem sie die Banken zum jährlichen Austausch von Informationen über persönliche Daten von Kunden sowie Art und Höhe der Finanzanlagen verpflichten. In der Liste der teilnehmenden Länder finden sich von den Aland Inseln bis Zypern auch (frühere) Steueroasen wie Liechtenstein, Schweiz, Malta oder sogar Cayman Islands. In Deutschland erfolgte die innerstaatliche Umsetzung durch das Gesetz zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen (Finanzkonteninformationsaustauschgesetz – FKAustG). Erste Meldungen über das Jahr 2016 haben daher die verpflichteten Institute in Deutschland bereits im Juli 2017 versendet. Man sollte nicht darauf vertrauen, dass die Umsetzung der Meldepflicht in anderen Ländern aufgrund organisatorischer Probleme oder sogar Widerstand der Institute sich verzögert. Für die Schweiz gilt immerhin, dass die Daten über das Jahr 2017 in 2018 gemeldet werden. Zuständige Behörde in Deutschland ist das Bundeszentralamt für Steuern. Wieviel Zeit es zur Übermittlung der Daten an das jeweilige für den Steuerpflichtigen zuständige Finanzamt benötigt, ist nicht bekannt und dürfte somit der einzige Rettungsanker für Betroffene sein. Denn die Tat gilt erst dann als entdeckt im Sinn von § 371 Absatz 2 Nr. 2 AO, wenn der Steuerpflichtige mit der Entdeckung rechnen musste (subjektives Element). In der Regel informieren erst die zuständigen Finanzämter über die Entdeckung und fordern zur Stellungnahme auf. Auf jeden Fall sollte jeder, der noch die Chance der Strafbefreiung mittels Selbstanzeige nutzen kann, rasch handeln. Die Hinzuziehung eines Beraters empfiehlt sich, da eine fehlgeschlagene (z.B. unvollständige) Anzeige keine Strafbefreiung bedeutet. Er kann im Einzelfall auch darüber aufklären, ob die sonstigen Vorausetzungen für die Selbstanzeige vorliegen oder nicht, bzw., mit welcher Strafe bei fehlender Möglichkeit der Selbstanzeige zu rechnen ist, und, was man noch für eine mildere Strafe tun kann.

Auskunftsrecht des Erben gegenüber bevollmächtigter Vertrauensperson des Erblassers

Häufig erteilen ältere Menschen als Vorsorge einer Person Ihres Vertrauens Vollmacht zur Erledigung finanzieller Angelegenheiten. Stirbt der Vollmachtgeber, stellt sich die Frage, ob ein (Mit-)Erbe gegenüber der bevollmächtigten Vertrauensperson das Recht hat, Auskunft über die getätigten Verfügungen zu erhalten. Immerhin könnte der Anspruch des Erben auf den Nachlass bei unberechtigten Verfügungen des Bevollmächtigten höher sein. Eine aktuelle Entscheidung des OLG Köln (Beschluss vom 11.05.2017 – 16 U 99/16) beschäftigt sich mit diesem Fall: Die Erblasserin hatte einem Nachbarn, der ebenso als Miterbe bedacht wurde, Vollmacht zur Verfügung über ihr Konto und ihr Bankschließfach erteilt. Er kümmerte sich auch um die Vermittlung von Haushaltskräften. Nach dem Tod der Vollmachtgeberin verlangte ein weiterer Miterbe Auskunft und Rechenschaft von dem Bevollmächtigten. Das Gericht verneinte das Recht des Erben auf Auskunft. Nach seiner Meinung fehlte es an objektiven Kriterien, die auf einen rechtsgeschäftlichen Bindungswillen von Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem hindeuten. Das Persönlichkeitsrecht des Erblassers sei zu beachten. Gerade wenn die Vollmacht aufgrund eines besonderen Vertrauensverhältnisses erteilt worden sei (z. B. Nachbar, der sich um die Versorgung des Vollmachtgebers allgemein kümmert), sei nicht gewollt, dass der Bevollmächtigte alle Ausgaben angeben und belegen kann. Auch könne kein Auskunftsrecht aus der Miterbenstellung begründet werden, da es an einem bereits feststehenden Leistungsanspruch dessen fehle, der die Auskunft begehrt, vgl. BGH, NJW-RR 1989, 450. Der klagende Miterbe konnte also letztlich nicht Auskunft erlangen, ob der Bevollmächtigte Verfügungen zu Lebzeiten des Erblassers entgegen dem Willen des Erblassers traf.

Die Entscheidung des OLG Köln mag durchaus zu kritisieren sein, da ein Rechtsbindungswillen bei erheblichen wirtschaftlichen Interessen wie einer umfassenden Kontovollmacht naheliegt, vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 19. März 2013 – 3 U 1/12 –, juris. Da es aber letztlich auf die Umstände im Einzelfall ankommt, sollte vorbeugend  bei finanziellen Angelegenheiten z. B. bei Erteilung der Kontovollmacht schriftlich mindestens klargestellt werden, ob der Bevollmächtigte über Verfügungen „Buch zu führen“ hat, oder, ob es nur um die Erledigung und Organisation persönlicher Angelegenheiten geht. Personen, die ein Erbe erwarten, sollten den Erblasser auf die Probleme der Auskunft und Dokumentation von Verfügungen bevollmächtigter Hilfspersonen aufmerksam machen, damit er seinen Auftrag danach ausrichten und gestalten kann. Im Zweifel kann ein Gespräch (am besten eine Mediation) unter Einbeziehung der Beteiligten zu einer Einigung führen, die dokumentiert werden sollte.

 

Vermögensauseinandersetzung: die Steuerfalle beim Familienheim

Wie wichtig Kenntnisse aus verschiedenen Rechtsgebieten sein können, zeigt folgender – nicht ungewöhnlicher – Fall, bei dem Familienrecht und Steuerrecht gefragt sind:

 

M und F sind verheiratet, sie wohnen in einem Haus, welches M bei Eheschließung gekauft hat, er ist als Alleineigentümer eingetragen.  Die Eheleute nutzen das Haus zu eigenen Wohnzwecken. Nach acht Jahren trennt sich jedoch M von F und zieht aus. Er geht zum Rechtsanwalt für die Scheidung und die Vermögensauseinandersetzung, der dazu rät, von F wegen der Nutzung des Hauses eine Entschädigung geltendzumachen. M ist einverstanden und der Anwalt fordert eine monatliche Entschädigung in Höhe der hälftigen Marktmiete von F, welche die Forderung zur Streitvermeidung freiwillig entrichtet. Bei der Vermögensauseinandersetzung einigen sich die Eheleute darauf, dass das Haus verkauft wird, was aufgrund der hohen Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt zu einem sehr guten Preis schon nach wenigen Monaten gelingt.  Wo liegt das Problem?

Der Veräußerungsgewinn (Differenz zwischen Verkaufserlös und Anschaffungskosten) des Ehemanns für den Verkauf seines Miteigentumsanteils ist nach § 23 Absatz 1 Nr. 1 EStG einkommensteuerpflichtig. Die Immobilie wurde innerhalb von zehn Jahren angeschafft und veräußert. Zwar ist von der Besteuerung ausgenommen, wenn die Immobilie „im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken“ genutzt wurde. Eine ausschließliche „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ liegt aber nicht vor. Der Begriff definiert sich gemäß der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nach dem (außer Kraft getretenen) § 10e EStG und der (außer Kraft getretenen) Vorschrift des § 4 Eigenheimzulagengesetz, vgl. BFH v. 18.1.2006, IX R 18/03, BFH/NV 2006, 936; BMF v. 31.12.1994, IV B 3 – S 2225a – 294/94, BStBl I 1994, 887. Eine Wohnung wird im Regelfall dann zu eigenen Wohnzwecken genutzt, wenn der Eigentümer allein oder zusammen mit Familienangehörigen bzw. anderen in den Haushalt aufgenommenen Personen darin wohnt (BFH/NV 1998, 160;, BFHE 186, 271, BStBl II 1998, 563, , BFHE 196, 527, BStBl II 2002, 380). Schon dies ist aufgrund des Auszugs des Ehemanns (Eigentümer) nicht der Fall.

 

Fallvariante: Wie Sachverhalt oben, aber die Ehefrau zahlt keine Nutzungsentschädigung an den Mann.

Lösung wie oben, da mit dem Auszug des Ehemanns keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken mehr vorliegt.

 

Fallvariante: F ist hälftige Miteigentümerin und erhält mit Verkauf den hälftigen Erlös.

Bezüglich des Anteils von M bleibt es bei der Besteuerung des Veräußerungsgewinns, da er ausgezogen ist.  Wenn F aber bis zum Verkauf die Immobilie bewohnt, wird ihr Anteil nicht besteuert. Indirekt kann sie aber aufgrund der Steuerschuld des Ehemanns auch einen Nachteil erleiden, wenn die Steuern vor Scheidungsantrag fällig werden und der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft besteht. Dann mindert die Forderung des Finanzamts den Zugewinn des Ehemanns, was zu einer Reduzierung oder den völligen Wegfall einer vorher bestehenden Forderung des Zugewinnausgleichs der Ehefrau führen kann.

 

Fallvariante: wie vorige Variante, aber die Eheleute haben ein acht Jahre altes gemeinsames Kind K, das bis zum Verkauf mit F gemeinsam im Haus wohnt.

Auch der Umstand, dass K nach Auszug von M in dem Haus weiter wohnt, ändert nichts an der Steuerbarkeit des Veräußerungsgewinns für den hälftigen Miteigentumsanteil von M. Zwar kann die alleinige Überlassung der Wohnung an ein Kind im Sinne von § 32 EStG als Nutzung zu eigenen Wohnzwecken angesehen werden, vgl. BFH v. 26.1.1994, X R 94/91, BStBl II 1994, 544; BMF v. 5.10.2000, IV C 3 – S 2256 – 263/00, BStBl I 2000, 1383. Hier bewohnt aber auch die Ehefrau das Haus weiterhin. Wichtig: Der Gedanke aus § 4 Satz 2 Eigenheimzulagengesetz, dass eine unentgeltliche Überlassung der Wohnung an Angehörige (z. B. Ehegatte) im Sinne von § 15 AO auch eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken darstellt, ist auf §  23 EStG nicht anwendbar.

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Fallvariante: Die Eheleute ziehen beide mit Trennung aus und überlassen das Haus dem gemeinsamen 20 Jahre alten Kind V zur alleinigen Nutzung, das zur Zeit studiert.

Dies würde nur dann die Besteuerung des Veräußerungsgewinns verhindern, wenn V durchgehend nicht nur im Jahr der Veräußerung, sondern bereits in den beiden vorangegangenen Jahren die Wohnung zur alleinigen Nutzung erhalten hätte, vgl. § 23 Absatz 1, Nr. 1, Satz 3, 2. Alternative EStG. Daneben durfte die Voraussetzungen der unentgeltlichen Überlassung an ein Kind im Sinne von § 32 EStG in diesem Zeitraum nicht unterbrochen werden, sei es durch eine Vermietung, sei es durch Beendigung des Studiums und Wegfall der Kindergeldberechtigung. Diese Frage der  „Ausschließlichkeit“ sollte zwar in einem Revisionsverfahren des BFH, Az. IX R 15/16, geprüft werden, die Revision wurde jedoch als unzulässig verworfen, es bleibt bei der hier dargestellten bisherigen Auffassung der herrschenden Meinung, Rechtsprechung und Finanzverwaltung.

 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bei Auszug einer Ehegatten und (Mit-) Eigentümers sowie Verkaufsabsicht stets die Frage der Steuerpflicht des Veräußerungsgewinns geprüft werden muss. Im Zweifel sollte alles versucht werden, die Immobilie erst nach Ablauf der Zehn-Jahres-Frist seit Anschaffung zum Verkauf anzubieten.

 

 

Der Kindesunterhalt beim Wechselmodell

Da Eltern immer häufiger sich darauf verständigen, dass das Kind genauso viel Zeit beim Vater wie bei der Mutter verbringen soll, im übrigen der Bundesgerichtshof erst kürzlich entschieden hat, dass die gerichtliche Anordnung dieses Wechselmodells auch gegen den Willen eines Elternteils unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist (BGH XII ZB 601/15 ), erhält die Frage des Unterhalts in diesen Fällen eine größere praktische Bedeutung. Wird überhaupt noch Unterhalt in Geld (Barunterhalt) geschuldet? Wenn ja, wie wird er bei in etwas gleicher Betreuungsleistung beider Eltern berechnet? Mit diesen Fragen hat sich das höchste deutsche Zivilgericht nun auch imn Beschluss vom 11.01.2017 (Aktenzeichen XII ZB 565/15) befasst:

Zunächst stellt der BGH fest, dass beide Eltern Barunterhalt schulden und sich nicht darauf berufen können, Unterhalt werde allein durch Betreuung  (sogenannter Naturalunterhalt) bereits vollständig erbracht. Ansonsten werde das schlechter verdienende Elternteil automatisch benachteiligt. Auch eine stillschweigende Abrede im Sinne einer gegenseitigen Freistellung von Unterhalt könne nicht in der Vereinbarung der gleich verteilten Kindesbetreuung gesehen werden.

Zur Ermittlung des Unterhaltsbedarfs sind nach der Entscheidung des Gerichts beide Einkommen der Eltern zu addieren; der übliche Bedarf (Regelbedarf) kann dann aus der Unterhaltstabelle ersehen werden. Zu berücksichtigen sind aber auch die zu tragenden besonderen Mehrkosten (Mehrbedarf) für das Kind.

In dem entschiedenen Fall wurde allerdings für die Kindesmutter ein höheres Einkommen zugerechnet, als sie aufgrund einer Teilzeittätigkeit tatsächlich verdiente, da die Vollzeittätigkeit dem Gericht nach einer gewissen Übergangszeit zumutbar erschien.

Mehrbedarf: Fahrtkosten eines Kinds, um Schule bzw. Kindergarten zu erreichen, bezeichnete das Gericht als typischen Mehrbedarf. Hingegen konnten bezüglich der Kinderbetreuung durch einen Großvater nur dessen Fahrtkosten auf der jeweiligen elterlichen Einkommensseite mindernd berücksichtigt werden, aber nicht etwa eine Vergütung des Großvaters für seine insoweit geleisteten Dienste.

Sehr schwierig ist die Frage, ob ein Elternteil Mehrbedarf für die auf das Kind entfallenden Wohnmehrkosten geltendmachen kann. Nach der Unterhaltstabelle werden jedenfalls regelmäßig 20 Prozent der Regelunterhalts als (mit dem Regelunterhalt abgedeckter) Wohnbedarf angesehen, also könntes danach nur die übersteigenden Kosten Mehrbedarf sein. Die Antwort soll von den Umständen des Einzelfalls abhängen, nicht allein vom Einkommen des Elternteils. Wurden zum Beispiel Wohnkosten bereits bei der Ermittlung des (einkommensgleichen) Wohnvorteils des Elternteils aufgrund seiner Mietersparnis (z. B. Wohneigentum) berücksichtigt, können diese Wohnkosten nicht erneut beim Kind sich auswirken.

Auch Kosten für Musikschule und Tanzunterricht eines Kinds können Mehrbedarf sein; letztlich bedarf es aber einer tatrichterlichen genauen Bewertung, inwieweit der Bedarf notwendig oder auch noch durch den Regelunterhalt gedeckt erscheint.

Das Kindergeld wird bei der Berechnung des Kindesunterhalts in hälftiger Höhe bei jedem Elternteil in Abzug gebracht. Es kann daher auch in dieser Höhe vom Zahlbetrag des zum Unterhalt verpflichteten Elternteils abgezogen werden.

Wie der Unterhalt beim Wechselmodell berechnet wird, sei an einem vereinfachten Beispiel dargestellt:

M und V betreuen das Kind K ( 10 Jahre) zu in etwa gleich langen Zeitabschnitten. V verdient nach allen Abzügen 3000 EUR in Vollzeit, M 2000 EUR. Der Mehrbedarf von K beträgt insgesamt 300 EUR. Das Kindergeld in Höhe von 194 EUR erhält M. Berechnung nach der Düsseldorfer Tabelle und den Anmerkungen zum Stand 01.01.2017  :

Gesamteinkommen Eltern:          5000 EUR

Tabellenunterhalt K Gehaltsgruppe 10 (Höherstufung wg. nur einer Unterhaltspflicht)

Altersgruppe 2:                               629 EUR

zzgl. Mehrbedarf:                           300 EUR

abzgl. hälft. Kindergeld:                    96 EUR

ergibt Bedarf                                   833 EUR

 

Verfügbare Elterneinkommen (über Selbstbehalt 1300 EUR):

V                                                    1700 EUR

M                                                      700 EUR

Haftungsanteil V beim Unterhalt:

833 x 1700 / (1700 + 700)               590 EUR

Haftungsanteil M beim Unterhalt:

833 x 700 / (1700 + 700)                 243 EUR

 

Die Differenz der Unterhaltspflichten ist der von einem Elternteil an den anderen Elternteil auszugleichende Unterhalt. Im obigen Fall hätte V 347 EUR (590 ./. 243) an M auszugleichen, wenn der Mehrbedarf zwischen den Eltern genau hälftig mit jeweils 150 EUR aufgeteilt wird. Zahlt hingegen V bereits 200 EUR Mehrbedarf, so kann er den Unterhaltsausgleich um 50 EUR auf 193 EUR kürzen. Zahlt er den gesamten Mehrbedarf von 300 EUR, so erhält M von V nur noch den um 150 EUR gekürzten Ausgleich von 93 EUR. Zahlt M einen höheren Anteil am Mehrbedarf, so erhöht sich der Unterhaltsausgleich um den  Betrag, der die Hälfte des Mehrbedarfs übersteigt.

 

Allgemein gilt, dass diese Berechnung nicht formelhaft für alle Fälle angewendet werden darf, da die Besonderheiten des Einzelfalls immer zu beachten sind, so z. B. ein geringes oder ein sehr hohes Einkommen. Das Wechselmodell ist schon deswegen kompliziert, weil bei gemeinsamer elterlicher Sorge ein Elternteil zur  Geltendmachung von Kindesunterhalt erst einmal die Befugnis gerichtlich übertragen erhalten muss. Auch sind familienrechtliche Ausgleichsansprüche beim Kindergeld denkbar, vgl. BGH XII ZB 45/15. Daher empfiehlt sich eine verbindliche juristische Beratung, die insbesondere alle Aspekte der aktuellen Rechtsprechung einbezieht. Nicht zuletzt beugt die Beratung einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit all ihren Risiken vor und zeigt den Weg für einvernehmliche Regelungen auf.

Neues zur Unwirksamkeit von Eheverträgen

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer weiteren Entscheidung vom 15.03.2017 mit dem Aktenzeichen XII ZB 109/16 dargelegt, unter welchen Voraussetzungen die Vereinbarung von Eheleuten zu den Scheidungsfolgen als unwirksam anzusehen sind. Der Richterspruch ist deswegen von besonderer Bedeutung, da im zu beurteilenden Fall nicht der Ausschluss oder die Einschränkung von bestimmten Rechten bei den Scheidungsfolgen an sich zur Unwirksamkeit führt, sondern besondere Umstände der „subjektiven Imparität“, also der Ausnutzung einer Zwangslage eines Ehegatten, wie z. B. seine intellektuelle Unterlegenheit oder seine wirtschaftliche bzw. soziale Abhängigkeit. Der Sachverhalt: Die seit 1993 verheirateten Beteiligten schlossen kurz nach Geburt einer Tochter 1995 einen Ehevertrag, in dem sie folgendes vereinbarten: Gegenseitiger Ausschluss von Ehegattenunterhalt einschließlich Krankenunterhalt, ausgenommen Unterhalt für die Dauer der Betreuung eines gemeinsamen Kindes (höchstens aber bis zum 18. Lebensjahr des Kindes); Begrenzung des Unterhalts auf höchstens 3.000 DM monatlich; gegenseitiger Ausschluss des Versorgungsausgleichs und des Zugewinnausgleichs. Nach den Feststellungen des Vorinstanzen war allerdings „Hintergrund“, dass die Mutter des Ehemanns die Übertragung von Geschäftsanteilen an ihrem Unternehmen auf ihren Sohn (Ehemann) von dem Zustandekommen des Ehevertrags abhängig machte. Dies ergab sich aus einer Aussage des Ehemanns und dem Umstand, dass seine Mutter unmittelbar nach Abschluss des Vertrags die Anteile und zu einem späteren Zeitpunkt auch noch weitere Anteile auf ihn übertrug. Die Ehefrau arbeitete während der Ehe in dem Familienbetrieb als Sekretärin in Teilzeit. 1997 wurde bei ihr Multiple Sklerose diagnostiziert, seit 2008 bezieht sie aufgrund der Erkrankung nur noch eine Erwerbsminderungsrente von 777 EUR.

Der BGH erörtert, dass aufgrund seiner bisherigen Rechtsprechung weder die einzelnen vertraglichen Beschränkungen der Rechte der Ehefrau in der isolierten Betrachtung noch das Gesamtbild aller Bestimmungen des Vertrags die Annahme der Unwirksamkeit rechtfertigen. Für den Ausschluss des Versorgungsausgleichs war dies im Urteilsfall schon deswegen anzunehmen, weil die Ehefrau höhere Anwartschaften erworben hatte als der Ehemann, also von der Vereinbarung in diesem Punkt profitierte. Beim Ausschluss des Zugewinnausgleichs betont der BGH, dass diese Vereinbarung selbst dann als zulässig betrachtet werden muss, wenn absehbar ist, dass ein Ehegatte sich aus dem Erwerbsleben zurückziehen wird und ihm eine Versorgungslücke entstehen wird; denn der Schutz der Interessen des erwerbstätigen Ehegatten gerade bei Führung eines eigenen Betriebs muss durch einen Wechsel des Güterstands und Vereinbarung der Gütertrennung Vorrang haben. Auch der Ausschluss des nachehelichen Unterhalts wurde für sich genommen wirksam vereinbart, denn bei Abschluss des Vertrags war die Erkrankung der Ehefrau noch nicht absehbar.

Die objektiv feststellbare Lastenverteilung des Vertrags zum Nachteil der Ehefrau bestätigt der BGH, betont aber, dass allein dies nur Indiz für eine Sittenwidrigkeit sein kann, es bedarf „verstärkender Umstände“, die auf eine subjektive Imparität (Ausnutzung der Zwangslage) hindeuten. Letztlich waren aber laut BGH deutliche Umstände erkennbar, wie die Nichteinbindung in die Verhandlungen der Verwandten des Ehemanns zur Unternehmensübertragung, die Belastung der Ehefrau mit der Betreuung des gerade geborenen Kindes, oder auch die Umwandlung des Unternehmens der Mutter des Ehemanns, was ebenso im gleichen notariellen Beurkundungstermin stattfand. Die Ehefrau wollte daher aufgrund ihrer deutlich schwächeren Position den Notartermin nur schnell abgewickelt wissen. Die Vereinbarung des Ausschlusses des nachehelichen Unterhalts war daher aus diesen Gründen unwirksam, die Ehefrau erhielt (in Bestätigung der Vorinstanz) für sechs Jahre Unterhalt nach einem bestimmten konkreten Bedarf und danach für die weitere Zeit in Höhe eines sogenannten eheangemessenen Selbstbehalts abzüglich ihrer eigenen Einkünfte.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass Eheverträge keineswegs aufgrund Ausschlusses erheblicher Rechte eines Ehegatten für den Fall der Scheidung an sich schon unwirksam sein müssen. Aber selbst in Fällen, bei denen die Rechte differenziert (z. B. durch Gewährung von Betreuungsunterhalt) vereinbart werden und nicht durch einen „Totalausschluss“, können äußere Umstände die objektive und subjektive Imparität bestätigen und zur Unwirksamkeit führen. Den Streit darüber wird man nur durch faire Verhandlungen vor Beurkundung und entsprechende Dokumentation ( idealerweise Belehrungen und Besprechungsprotokolle des Rechtsanwalts oder Notars) vermeiden können.