Archiv der Kategorie: Steuerrecht

Schenkungssteuer: Kann sie anfallen, selbst wenn es sich um einen entgeltlichen Vertrag handelt?

Auf dem ersten Blick möchte man meinen, dass ein entgeltliches Rechtsgeschäft (z. B. Kauf) die Erhebung von Schenkungssteuer ausschließt, da die Vertragspartner sich zu gegenseitigen Leistungen verpflichten. Dies gilt aber nicht für sogenannte gemischte Schenkungen. Was darunter zu verstehen ist und wie sich der Steuerwert insbesondere bei Gegenleistungen von Wohnrechten, Leibgeding (Verpflichtung zu bestimmten Besorgungen für den Vertragspartner) und Vorbehalten (Nießbrauch) bemisst, dazu äußerte sich der Bundesfinanzhof im Beschluss vom 5.7.2018 – II B 122/17. Der Wortlaut in Randziffer 14 zur Definition der gemischten Schenkung: „… Bleibt bei einer Zuwendung gegen Gegenleistung der Wert der Gegenleistung hinter dem Wert des Zuwendungsgegenstands zurück, kann eine gemischt-freigebige Zuwendung (gemischte Schenkung) vorliegen. Besteht eine auffalllende, über ein geringes Maß deutlich hinausgehende Diskrepanz zwischen Leistung und Gegenleistung, begründet dies die widerlegbare Vermutung, dass die Zuwendung im Umfang der Bereicherung unentgeltlich war, das heißt, dass dem Zuwendenden der Wertungerschied bekann und bewusst war…Ein solches Missverhältnis wird regelmäßig angenommen, wenn die tatsächliche Gegenleistung die sonst übliche angemessene Gegenleistung um 20 – 25 % unterschreitet…“ Der Gerichtsentscheidung lag ein Sachverhalt zugrunde, bei dem ein 83-jähriger Onkel seinem Neffen sein Grundstück übertrug, als Gegenleistung ein Wohnrecht in einer Wohnung des Anwesens und Pflege- und Verköstigungsverpflichtungen erhielt. Die Miete für eine andere Wohnung sollte dem Onkel bis zum Tod der Mieterin ebenso noch zustehen. Der überlassende Onkel verstarb fünf Monate nach Vertragsschluss und das Finanzamt setzte Schenkungssteuer fest. Der BFH bestätigte die Auffassung des Finanzamts. Im einzelnen wies er bei darauf hin, dass eingegangene Risiken der erhöhten Pflegebedürftigkeit und der damit verbundene höhere Pflegeaufwand nicht bei dem Wert der Gegenleistung berücksichtigt werden können, solange es zu einer entsprechenden Pflegebedürftigkeit noch nicht gekommen ist (aufschiebend bedingte Leistungsauflage). Ebenso bestätigt das Gericht die Auffassung der Finanzverwaltung, dass allein der Abzug der kapitalisierten Gegenleistungen vom Grundstückswert den Steuerwert ergebe. Hingegen müsse bei einer gemischten Schenkung für die Steuer keine gesonderte Berechnung des Verhältnisses zwischen dem zugewendeten Gegenstand und dem Wert der Gegenleistung vorgenommen werden. Zur Bewertung der Gegenleistungen folgt das Gericht strikt den Regeln des Bewertungsgesetzes und verneint eine Korrektur, selbst wenn der gemeine Wert (Verkehrswert) höher ist als der Wert, den das Gesetz (z. B. durch Anwendung von Multiplikatoren nach der Lebenserwartung des Begünstigten) bestimmt. Als Besonderheit im Entscheidungsfall wurde der Wert der Nutzungen, Lasten und Leistungen auf die tatsächliche Dauer korrigiert, da der Onkel bereits über 80 Jahre alt war und bereits fünf Monate nach Vertragsschluss verstarb (zur Korrektur vgl. § 14 Absatz 2, Satz 1 und 3 Bewertungsgesetz).

Als Konsequenz für die Planung der Vermögensnachfolge zu Lebzeiten ist daher zusammenfassend festzuhalten, dass Leistung und Gegenleistung in einem (noch) äquilvalenten Verhältnis gegenüberstehen sollten. Dies lässt sich durch Vorausberechnungen unter Einbeziehung zuverlässiger Bewertungen beurteilen. Im Zweifel könnte auch eine verbindliche Auskunft bei der Finanzbehörde vor Vertragsschluss eingeholt werden. Ebenso sollte aufgrund des höheren Sterberisikos des Überlassers die Vermögensnachfolge nicht erst behandelt werden, wenn er schon ein sehr hohes Alter erreicht hat.

Verluste bei steuerfreien Nebentätigkeiten (z. B. Sporttrainer) ausnützen

Erfreulicherweise werden für Einnahmen aus bestimmten nebenberuflichen Tätigkeit (z. B. als Sporttrainer) derzeit bis zu einer Höhe von 2.400 EUR jährlich keine Einkommensteuern erhoben. Der Gesetzgeber wollte damit einen wirtschaftlichen Anreiz für die oft im Bereich des Ehrenamts übernommenen Aufgaben schaffen, für die es regelmäßig nur geringe finanzielle Entschädigung gibt. Die Vorschrift § 26 Nr. 3 Satz 1 Einkommensteuergesetz lautet:

„…Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten, aus nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeiten oder der nebenberuflichen Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen im Dienst oder im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, oder einer unter § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung) bis zur Höhe von insgesamt 2.400 Euro im Jahr…“

Gerade wegen der geringen Entlohnung dieser Tätigkeiten stellt sich die Frage, wie Ausgaben aus der nebenberuflichen Tätigkeit steuerrechtlich behandelt werden. Dazu sagt Satz 2 des § 26 Nr. 3 Einkommensteuergesetz:

„…Überschreiten die Einnahmen für die in Satz 1 bezeichneten Tätigkeiten den steuerfreien Betrag, dürfen die mit den nebenberuflichen Tätigkeiten in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c nur insoweit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen...“

Das klingt auf den ersten Blick eindeutig, als Ausgaben nur dann und insoweit abgezogen werden, wenn der steuerfreie Betrag der Einnahmen (derzeit 2.400 EUR, s.o.) überstiegen wird und die Ausgaben die Einnahmen übersteigen. Berücksichtigungsfähig sind nur die Ausgaben, soweit sie den steuerfrei gestellten Betrag der Einnahmen übersteigen.

Beispiel 1: F ist Sporttrainerin und erhält als Entschädigung jährlich 3.000 EUR. Sie hat aber Ausgaben der Nebentätigkeit von jährlich 2.700 EUR (z. B. Reisekosten). Dann braucht sie für 2.400 EUR keine Steuern zu bezahlen; von den über diesem Betrag liegenden Einnahmen hat sie 300 EUR zu versteuern ( 600 EUR abzüglich 300 EUR, um welche die Ausgaben von 2.700 EUR den steuerfreien Betrag von 2.400 EUR übersteigen).

So weit, so gut. Wie aber, wenn der steuerfreie Betrag bei den Einnahmen aus Nebentätigkeit gar nicht erreicht wird, die Ausgaben aber ihn schon übersteigen?

Beispiel 2: Wie Beispiel 1, aber die nebenberuflichen Einnahmen von F betragen nur 2.000 EUR jährlich, die Ausgaben 2.700 EUR.

Mit diesem Fall hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 20.12.2017, Aktenzeichen III R 23/15, befasst. Im Gegensatz zur Finanzverwaltung vertritt er die Auffassung, dass die Ausgaben in Höhe der Differenz zu den Einnahmen abgezogen werden können. Der BFH begründet dies damit, dass Satz 2 von § 3 Nr. 26 Einkommensteuergesetz nicht angewendet werden könne, da er nach dem Wortlaut nur bei dem Überschreiten des steuerfreien Betrags der Einnahmen gelte. Anzuwenden sei daher § 3c Absatz 1 Einkommensteuergesetz. Die Vorschrift besagt, dass Ausgaben, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, nicht abgezogen werden dürfen. Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass das Wort „soweit“ in dieser Vorschrift eine Auslegung zulässt, nach welcher sämtliche Ausgaben, die den steuerfreien Betrag der Einnahmen übersteigen, abzugsfähig sind. Andernfalls wären Steuerpflichtige bezüglich Einkünften außerhalb der nebenberuflichen Tätigkeiten nach § 3 Nr. 26 Einkommensteuergesetz besser gestellt, da sie alle Ausgaben, die mit der Tätigkeit in engen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, abziehen können.

Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs kann F daher im zweiten Beispielsfall von 2.000 EUR Einnahmen 2.700 EUR Ausgaben abziehen, sie hat negative Einkünfte (Verlust) von 700 EUR. Dieser Verlust ist bei der Besteuerung aller Einkünfte zu berücksichtigen, mindert also die Steuern.

Es bleibt allerdings abzuwarten, ob der Gesetzgeber auf diese Entscheidung reagiert und den Wortlaut des § 3c Einkommensteuergesetz so ändert, dass die Auslegung des Bundesfinanzhofs nicht mehr möglich ist.

Abzug von Testamentsvollstreckerkosten bei der Einkommensteuer

Der Bundesfinanzhof (BFH) befasste sich in seiner Entscheidung vom 8.11.2017, Aktenzeichen IX R 32/16, mit der Frage, wann Testamentsvollstreckerkosten bei der Einkommensteuer des Erben in Abzug gebracht werden können. Der Sachverhalt: Die Erblasserin ordnete in ihrem Testament an, dass der Testamentsvollstrecker als Vergütung für jedes Jahr 1,5 % vom Bruttonachlass erhalten solle. Der Nachlass hatte im Zeitpunkt des Erbfalls einen Bruttowert von über 5 Mio. €. Davon entfielen 19,33 % auf den Grundbesitz und 80,67 % auf das Kapitalvermögen. Der Testamentsvollstrecker berechnete der Klägerin von Anfang an monatlich 5.000 € zuzügl. Umsatzsteuer und bestimmte selbst den Zeitpunkt der Fälligkeit. Dadurch kam es zu unterschiedlich hohen jährlichen Belastungen. Die Klägerin als Alleinerbin machte den Abzug der Testamentsvollstreckerkosten zunächst mit den  Anteilen im Verhältnis zum Wert des Gesamtnachlasses zum Zeitpunkt des Todes der Erblasserin geltend. Für weitere Jahre machte sie dann den Abzug in Höhe von 90 Prozent  bei den Einkünften aus Vermietung geltend. Finanzamt und Finanzgericht akzeptierten letzteren Abzug nicht, daher wandte die Klägerin sich an den BFH. Er stellt zunächst klar, dass ein Abzug nur bei einer Dauertestamentsvollstreckung über einen längeren Zeitraum möglich ist, nicht jedoch bei einer  Testamentsvollstreckung lediglich zur Auseinandersetzung des Nachlasses. Die Kosten für den Bereich der Vermietung sollen jedenfalls abzugsfähig sein, da die Tätigkeit des Testamentsvollstreckers der eines Hausverwalters entspricht. Betrifft die Tätigkeit mehrere Einkunftsarten (wie hier), so sollen die Kosten aufgeteilt werden. Ist dies nicht möglich, so bestimmt sich nach dem Einzelfall, welche Tätigkeit im Vordergrund steht. Für den Urteilsfall bestätigt der BFH zwar, dass sich die Vergütung allein nach dem Verwaltungsvermögen (Wert des Nachlasses) aufgrund der Anordnung im Testament bestimmt, daher andere Gesichtspunkte (Zeitaufwand des Testamentsvollstreckers in den einzelnen Bereichen) keine Rolle spielen dürfen. Das höchste deutsche Steuergericht hebt die Entscheidung des Finanzgerichts aber dennoch auf, da das Verwaltungsvermögen nicht allein nach dem Wert zum Zeitpunkt des Erbfalls den Anteil bestimmen soll, sondern die Entwicklung des Vermögens in den einzelnen Jahren zu ermitteln und daraus der Anteil zu bilden ist.

Für die Beratungspraxis zur Formulierung eines Testaments mit Dauertestamentsvollstreckung ist die Entscheidung von Bedeutung. Will der Erblasser dem Erben den Abzug der Testamentsvollstreckerkosten bei Tätigkeiten im Bereich der Einkunftsarten ermöglichen, so sollte er die jährliche Vergütung für jede Einkunftsart selbst bestimmen. Damit dürfte er den Problemen aus dem Urteilsfall aus dem Weg gehen, da der BFH dem Willen des Erblassers auch bei der Frage Höhe und der Verteilung der Vergütung erhebliche Bedeutung zumisst. Von einer Bestimmung der Vergütung allein nach dem Nachlasswert ohne genaue Aufteilung ist hingegen abzuraten.