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Häusliches Arbeitszimmer bei Selbstständigen

Der Bundesfinanzhof hat in seiner Entscheidung vom 22.02.2017 (Aktenzeichen III R 9/16) sich mit der Frage auseinandergesetzt, wann selbstständige Unternehmer neben dem von ihnen eingerichteten und unterhaltenen Arbeitsräumen zusätzlich die Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers gewinnmindernd geltend machen können. Im Gesetz heißt es hierzu, dass u.a. folgende Ausgaben den Gewinn nicht mindern dürfen (§ 4 Absatz 5 Nr. 6b EStG): „Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung.“ Weiter sagt die Vorschrift: „Dies gilt nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 Euro begrenzt.“ Und schließlich: „Die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet“. Immerhin lässt sich aus dem letzten Satz schließen, dass bei ganz überwiegender Ausübung der selbstständigen Erwerbstätigkeit vom häuslichen Arbeitszimmer aus die Kosten hierfür steuermindernd ohne Einschränkung abgezogen werden können. Wie steht es aber um den Selbstständigen, der neben seinem Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit (Büro, Praxis, Werkstatt etc.) zuhause in einem Zimmer arbeitet? Wann steht ihm „kein anderer Arbeitsplatz“ als das häusliche Arbeitszimmer zur Verfügung? Im Urteilsfall ging es um einen Logopäden, der an zwei Orten Praxisräume mit insgesamt vier Angestellten betrieb. Er gab an, er könne dort nicht bestimmte Büro- und Verwaltungsarbeiten erledigen, da die vorhandenen Tische und übrige Einrichtung ausschließlich zur Behandlung der Patienten verwendet werden könnten, im übrigen ein Zugriff der Mitarbeiter auf vertrauliche Daten möglich sei, wenn die verwaltungstechnischen Arbeiten in den Praxisräumen erledigt werden würden. Zudem seien die Verwaltungsarbeiten nach Dienstschluss außerhalb der Praxisöffnungszeiten nicht zumutbar. Das Finanzamt lehnte den Abzug der Kosten für das häusliche Arbeitszimmer ab, die Arbeiten hätten auch in der Praxis erledigt werden können, die ausreichend ausgestattet sei. Dagegen wandte sich der Steuerpflichtige mit Klage und erhielt Recht, er konnte also jährlich bis zu 1.250 EUR Kosten für das häusliche Arbeitszimmer abziehen. Der BFH bestätigte die Entscheidung des Finanzgerichts damit, dass allein das Vorhandensein eines Tischs in der Praxis nicht genüge, um die Verwaltungsarbeiten dort zuzumuten. Es sei auch auf die Tätigkeit außerhalb der Praxis, deren Größe, Ausstattung, die Zahl der Mitarbeiter, aber auch die Vertraulichkeit der Arbeiten abzustellen. Im Zusammenhang mit früheren Entscheidungen betont der BFH, dass es dem Steuerpflichtigen nicht immer zumutbar ist, Unterlagen und Geschäftspapiere in seine Arbeitsräume (hier Praxis) zu verbringen und dort zu bearbeiten.
Zusammenfassend lässt sich für einige in selbstständiger Tätigkeit ausgeübten Berufe der Schluss ziehen, dass bei beengten räumlichen Verhältnissen, Einsatz von Mitarbeitern und Vertraulichkeit der zu bearbeitenden Geschäftspapiere der Abzug der Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers (zusätzlich) gerechtfertigt erscheint. Insbesondere bei medizinischer oder handwerklicher Tätigkeit werden die Raume typischerweise nicht immer für Büroverwaltungsarbeiten geeignet sein. Natürlich sollte man auch auf eine entsprechende Trennung der Einrichtung achten, wenn die Kosten des häuslichen Arbeitszimmers in Abzug gebracht werden. Ob allerdings ein Arzt, Anwalt oder Steuerberater aufgrund dieser Rechtsprechung u.a. mit der Begründung, er müsse auch seine Unterlagen vertraulich unter Ausschluss der Mitarbeiter zuhause bearbeiten, den Abzug erreichen kann, bleibt fragwürdig. Ebenso offen und klärungsbedürftig erscheint die Frage in Fällen, in denen die Arbeitsräume keine ausreichende technische Ausstattung (Computer) oder keinen Internetanschluss vorsehen und daher zuhause gearbeitet werden muss.

Familiengericht darf gleiche Umgangszeiten des Kinds bei Mutter und Vater anordnen

Die Frage des Rechts auf ein sogenanntes Wechselmodell ist ein „Dauerbrenner“ im Kindschaftsrecht. Es geht darum, ob es einen Anspruch eines Elternteils bei räumlicher Trennung der Eltern gibt, dass das Kind gleich lange bei Mutter und Vater sich aufhält. Eine verbreitete Rechtsmeinung geht dabei davon aus, dass die gerichtliche Anordnung vom Gesetz nicht vorgesehen ist und aufgrund einer erforderlichen Einigkeit der Eltern nicht angeordnet werden könne. Dem hat der Bundesgerichtshof (BGH) in seiner Entscheidung vom 01.02.2017, Aktenzeichen XII ZB 601/15, widersprochen: Ein Gericht könne durchaus das paritätische Wechselmodell anordnen, selbst wenn sich ein Elternteil dagegen ausspreche. Denn allein entscheidendes Kriterium sei das Kindeswohl. Der BGH stellt auch klar, dass ein Familiengericht nicht einfach einen derartigen Antrag auf Umgangsrecht abweisen darf, sondern zumindest das Umgangsrecht so aussprechen muss, wie es für das Kindewohl erforderlich ist. Da das Gesetz keine maximale Grenze der Umgangszeiten vorsehe, könnten auch gleich lange Umgangszeiten des Kindes bei jedem Elternteil gerichtlich bestimmt werden. Auch ein Streit der Eltern über den Lebensmittelpunkt des Kindes (Aufenthaltsbestimmungsrecht als Teil des Sorgerechts) stehe dem nicht entgegen, oder Fragen zum Kindesunterhalt wie z. B. das Recht auf Geltendmachung des Unterhalts oder die anteilige Verteilung des Unterhalts auf beide Eltern. Zur Frage der Kriterien, nach denen das Kindeswohl geprüft werden muss, gibt der BGH Anhaltspunkte: Es soll eine „auf sicherer Bindung beruhende Verbindung des Kinds zu beiden Elternteilen“ bestehen. „Äußere Rahmenbedingungen“ (Nähe der elterlichen Haushalte zum Erreichen von Schule, Betreuungseinrichtung etc.) sollten vorliegen. Es „sollten beide Eltern hinreichende Erziehungskompetenzen aufweisen und erkannt haben, dass eine kontinuierliche und verlässliche Kindererziehung der elterlichen Kooperation und eines Grundkonsenses in wesentlichen Erziehungsfragen bedarf“. Bei „bestehender hoher elterlicher Konfliktbelastung“ komme das Wechselmodell regelmäßig nicht in Betracht. Die Notwendigkeit der Anhörung des Kindes im Verfahren betont der BGH ausdrücklich, insbesondere gelte dies zwingend für Kinder ab 14 Jahren, aber auch für jüngere Kinder. Letztlich überlässt der BGH aber die Beurteilung der Umstände dem „Tatrichter“ (also dem Amtsgericht, in der Bechwerde dem Oberlandesgericht), es müssen nur ausreichend sorgfältige Ermittlungen (ggf. mit Sachverständigengutachten) geführt werden.
Zusammenfassend kann ein Elternteil dem Wechselmodell nicht mehr die fehlende Möglichkeit der gerichtlichen Anordnung entgegenhalten. Dies könnte allerdings dazu führen, dass von dem das Wechselmodell ablehnenden Elternteil rechtsmißbräuchlich versucht wird, Konflikte zu provozieren oder die „Flucht nach vorn“ z. B. durch Änderung des Aufenthalts mittels Umzug zu ergreifen. Wer das versucht, sollte immerhin gewarnt sein, denn das rechtsmissbräuchliche Verhalten könnte vom Gericht durchaus aufgedeckt werden und sogar zum Entzug des Sorgerechts führen.

Kann man Kosten einer betrieblichen Geburtstagsfeier bei der Steuer abziehen?

Für die Beurteilung der Frage, ob Kosten einer Feier in dem beruflichen Bereich steuermindernd berücksichtigt werden können, gilt grundsätzlich das erhebliche Indiz des Anlasses für die Feier. Liegt der Anlass im privaten Bereich, so z. B. bei einer Geburtstagsfeier des Arbeitnehmers, scheidet regelmäßig die Annahme von steuermindernden Werbungskosten aus. Der Anlass ist laut einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 10.11.2016, VI R 7/16, nicht das allein bestimmende Kriterium. Im Urteilsfall hatte der Kläger als Geschäftsführer einer GmbH zur Feier seines 60. Geburtstags alle Mitarbeiter und den Aufsichtsratsvorsitzenden an einem Werktag zu einer üblichen Arbeitszeit eingeladen (Kosten je Mitarbeiter ca. 35 EUR). Die Miitarbeiter erschienen teilweise in Arbeitskleidung. Die Kosten für diese Veranstaltung setzte der Kläger als Werbungskosten an. Er feierte daneben auch noch privat mit erheblich höheren Kosten. Der BFH ließ hier den steuerlichen Abzug zu. Dies sei dann möglich, wenn die Feier nicht der repräsentativen Erfüllung gesellschaftlicher Konventionen, sondern dem kollegialen Miteinander und der Pflege des Betriebsklimas diene. Der BFH sah im Urteilsfall maßgebende Kriterien darin, dass nur Mitarbeiter feierten (keine Presse oder unternehmensfremde Personen), teilweise die Gäste auch nur Arbeitskleidung trugen, die Kosten und der Rahmen (Bierzelt) der Feier maßvoll waren, sie während der Arbeitszeit stattfand, und der Kläger daneben (abgrenzbar) andere private Feiern veranstaltete. Hingegen war nicht entscheidend, dass der Arbeitgeber des Klägers nicht eingeladen hatte.
Die Entscheidung zeigt, dass bei einer streng betriebsintern geführten Veranstaltung sogar der private Anlass (Geburtstag) bei der Beurteilung der steuerlichen Abzugsfähigkeit zurücktreten kann. Es bedarf aber einiger äußerlich wahrnehmbarer Merkmale und einer entsprechenden Dokumentation. Die Finanzämter dürften nämlich weiterhin nur sehr eingeschränkt den Werbungskostenabzug anerkennen, daher müssen die tatsächlichen Umstände zur Beurteilung im Finanzgerichtsprozess lückenlos nachgewiesen werden.

Verlangt das Finanzamt zu hohe Zinsen?

Immer wieder taucht die Frage auf, ob der nach § 238 Abgabenordnung (AO) bestimmte Zinssatz von 6 Prozent bei der zur Zeit gegebenen Niedrigzinsphase noch gerechtfertigt ist. Besonders ärgerlich sind die festgesetzten Zinsen dann, wenn sie – wie in der Regel – dem Umstand geschuldet sind, dass das Finanzamt viel Zeit zur Bearbeitung der Steuererklärung benötigt. Zuletzt hatte allerdings der Bundesfinanzhof die gesetzliche Zinshöhe nicht beanstandet (Urteil vom 14.04.2015, IX R 5/14, BFH/NV 2015,1329. Er begründete dies mit der Vergleichbarkeit des Zinsfusses von nicht gesicherten Geschäfts- und Privatkrediten. Da der zu beurteilende Sachverhalt aber einige Jahre zurück liegt, zwischenzeitlich die Zinsen weiter gefallen sind, fragt sich, ob diese Rechtsprechung noch Bestand haben wird. Aktuell gibt es ein Verfahren vor dem Finanzgericht Münster unter dem Aktenzeichen 10 K 2472/16 E, in dem es auch um die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Zinsen geht. Wer sich gegen festgesetzte Zinsen im Steuerbescheid wehren will, sollte fristgemäß Einspruch dagegen einlegen und sich auf das Verfahren vor dem FG Münster berufen.

Darf der Unternehmer einen Investitionsabzugsbetrag nach §7g EStG nachträglich bilden?

§7g Einkommensteuergesetz (EStG) soll kleineren Unternehmen die Möglichkeit eröffnen, künftige Anschaffungs- und Herstellungskosten für ein abnutzbares bewegliches Wirtschaftsgut des Anlagevermögens in Höhe von bis zu 40 Prozent abzuziehen. Dabei muss die Anschaffung nicht im Jahr der erstmaligen Erklärung (Bezifferung der voraussichtlichen Höhe der Kosten und der Funktion des Wirtschaftsguts außerhalb der Bilanz) erfolgen, sondern auch noch innerhalb der darauffolgenden Wirtschaftsjahre. Dazu muss der Steuerpflichtige auch eine entsprechende „Absicht“ der Investition haben (so jedenfalls der von 2008 bis 2015 geltende Wortlaut). Wann kann man diese Absicht annehmen? Wer trägt hierfür die Feststellungslast (entspricht der Beweislast)? Interessanterweise vertreten die Finanzbehörden zu diesen Fragen eine andere Auffassung als die Finanzgerichte. Denn natürlich wollen die Finanzämter der Möglichkeit entgegentreten, dass ein Unternehmer im Rahmen einer Außenprüfung (Betriebsprüfung) festgestellte höhere Gewinne für Vorjahre noch durch Bildung und Erklärung eines Investitionsabzugsbetrags für ein zwischenzeitlich angeschafftes Wirtschaftsgut „nachträglich“ korrigiert. Ebenso könnten Steuerbescheide, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergehen, noch „nachträglich“ zugunsten des Steuerpflichtigen geändert werden, da es an einer formellen Bestandskraft der Bescheide fehlt. Nun hat der Bundesfinanzhof (BFH) in seiner Entscheidung vom 23.03.2016, IV R 9/14, klargestellt, dass der Zweck der Vorschrift, nämlich Stärkung von Liquidität, Innovations- und Investitionskraft der Unternehmen, auch die Zulassung einer nachträglichen Geltendmachung des Abzugsbetrags gebietet. Nach der Urteilsbegründung kann die Investitionsabsicht als „innere Tatsache“ nur anhand von äußeren Umständen geprüft werden. Wird dabei die Absicht mit einem später innerhalb des Investitionszeitraums angeschafften Wirtschaftsgut begründet, sind auch sonst keine Zweifel daran ersichtlich, so spricht dies laut BFH für den Nachweis der Absicht, und zwar auch dann, wenn es um eine Korrrektur des Gewinns aufgrund einer Außenprüfung geht (so im zu beurteilenden Fall). Die Feststellungslast trägt allerdings grundsätzlich der Unternehmer.

Zusammenfassend lässt sich aufgrund des Urteils des BFH für den Zeitraum der Jahre 2008 bis 2015 sagen, dass die Bildung Investitionsabzugsbetrags auch nachträglich zuzulassen ist, wenn die Absicht durch ein zwischenzeitlich angeschafftes Wirtschaftsgut nachgewiesen wird, auf dessen Anschaffungskosten sich der Abzugsbetrag bezieht. Eines Finanzierungszusammenhang bedarf es nicht. Sollte ein Finanzamt den nachträglichen Abzug nicht zulassen (die Finanzverwaltung wendet die zitierte Entscheidung des BFH nicht an), empfiehlt sich die Klärung vor dem Finanzgericht.

Für Abzugsbeträge ab 2016 ist die Rechtslage noch ungeklärt. Immerhin hat der Gesetzgeber in der ab Veranlagunsgszeitraum 2016 anzuwendenden Fassung die Voraussetzung der Absicht zur Investition gestrichen, was für einen Wegfall dieser „inneren Tatsache“ spricht. Letztlich bedarf es einer höchstrichterlichen Klärung und sind streitige Fälle bis dahin durch Rechtsmittel offen zu halten.

Steuerfalle bei Freiberuflern: Selbständig arbeitendes nicht überwachtes Personal

In Praxen von Ärzten und Zahnärzten, in Steuerberater- und Anwaltskanzleien, aber auch bei Unternehmensberatern sowie kreativen Berufen gehört es zum gewöhnlichen Bild, dass die Partner sich geschulten Personals bedienen, um bestimmte Aufgaben im Arbeitsablauf erledigen zu lassen. Bekanntlich schulden die Freiberufler grundsätzlich keine Gewerbesteuer, da sie keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen, sondern Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit gemäß § 18 EStG erzielen. Dies kann aber anders aussehen, wenn das helfende Personal so weitreichend eigenständig arbeitet, dass der Freiberufler nicht mehr die Tätigkeit überwacht bzw. ihr „seinen eigenen Stempel aufdrückt“. Dann erfolgt eine Umqualifizierung in Einkünfte aus Gewerbebetrieb, was insbesondere Gewerbesteuerpflicht auslöst. Im einzelnen äußert sich hierzu der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 03.11.2016 , Az. VIII R 62/13, BStBl II 2016, 381. Die Richter betonen in dieser Entscheidung, dass gemäß Gesetzeswortlaut der Freiberufler auch bei Mithilfe von Personal leitend und eigenverantwortlich tätig sein muss. Im zu beurteilenden Fall wurde eine Ärztin mit einem Praxisanteil von Null in eine Ärztegemeinschaft aufgenommen. Die Ärztin hatte zwar eine Option auf eine Beteiligung von einem Drittel, übte sie aber nicht aus. Ihr Gewinnanteil betrug allein 37 Prozent der von ihr erwirschafteten Honorare. Ein Abfindungsanspruch bei Ausscheiden bestand nicht. Auf dieser Basis behandelte die Ärztin eigenständig Patienten der Praxisgemeinschaft. Der BFH bestätigte die Auffassung der Finanzverwaltung, dass die Ärztin nicht Teilhaberin der Gemeinschaft ist und aufgrund der eigenständigen Tätigkeit der Berufsträgerin die Praxisgemeinschaft gewerbliche Einkünfte erzielt, daher gewerbesteuerpflichtig ist.
Hinweise und Tipps: Der Nachteil der Gewerbesteuerpflicht wirkt sich bei Praxisgemeinschaften besonders nachteilhaft aus, da schon die eigenverantwortliche Tätigkeit in einem bestimmten Fachgebiet oder Teilbereich ohne Überwachung und Leitung eines beteiligten Partners sämtliche Einkünfte der Praxisgemeinschaft „infiziert“ (Abfärbetheorie nach § 15 Absatz 3 Nr. 1 EStG). Andererseits muss aber bei einer kontrollierten Mithilfe darauf geachtet werden, dass die Weisungsbefugnis nicht überstrapaziert wird, sonst ist eine nichtselbstständige Tätigkeit mit Haftung des Arbeitgebers hinsichtlich Lohnsteuern und Sozialversicherungen anzunehmen.
Entscheidet sich jedenfalls der Freiberufler für die Unterstützung durch einen Selbstständigen (z.B. Subunternehmer), so muss er die Arbeitsabläufe so organisieren, dass für jede übernommene Tätigkeit der helfenden Person daneben die leitende und aufgrund eigener Fachkenntnisse eigenständige Tätigkeit des Freiberuflers dokumentiert ist. Dies kann bei Ärzten z.B. durch das  Aufnahmegespräch oder wichtige Behandlungsentscheidungen geschehen. Bei rechts- und steuerberatender Tätikeit wäre eine Dokumentation durch Zeichnung der Schriftsätze möglich. Ebenso wichtig ist es, auch für Zeiten der Abwesenheit des Freiberuflers (Urlaub, Krankheit) die Kontrolle durch Vertretung zu organisieren und alle Nachweise für den Fall der Außenprüfung aufzubewahren.

Erbschaftsteuer: Abfindung im Erbrechtsstreit ist abzugsfähig

Der Bundesfinanzhof hat in einer Entscheidung vom 15.06.2016 (II R 24/15)klargestellt, dass eine Abfindung im Rechtsstreit um die Frage, wer Erbe ist, bei der Erbschaftsteuer als Erwerbskosten nach § 10 Absatz 5 Nr. 3 Erbschaft- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG) in Abzug gebracht werden darf. Ein Ehepaar und ein Finanzberater stritten sich vor dem Nachlassgericht darum, wer die Mutter der Ehefrau beerbte, es lagen mehrere Verfügungen der Mutter vor. Letztlich zahlte das Ehepaar dem Finanzmakler 160.000 EUR, damit er keine Einwendungen gegen den Erbscheinantrag stellt und die Eheleute so die Erbenposition erlangen.
Das Finanzamt hatte den Abzug der Abfindung bei der Veranlagung zur Erbschaftsteuer der Eheleute abgelehnt. Es begründete dies damit, dass der Erwerb des Nachlasses von Gesetzes wegen nach §§ 3 ErbStG, 1922 BGB eintrete. Der BFH widersprach und sah in Fällen, in denen die Erbenstellung aufgrund von widersprechenden Verfügungen erst geklärt werden müsse, auch Kosten im Zusammenhang mit der Klärung als Erwerbskosten an, denn nur durch diese Kosten könne die Erbenstellung erreicht werden.
Gleiches gilt auch für Zahlungen des Vorerben an den Nacherben, damit dieser auf ein Pflichtteilsrecht im Vorerbfall verzichtet, vgl. BFH in BStBl. II 1981, 473.

Ein Konto für mehrere Personen: Fehlen Nachweise, kann bei Auseinandersetzung Schenkungsteuer anfallen!

Nicht selten benützen unverheiratete Paare, Eheleute, Lebenspartner oder andere Personen mit gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen nur eine Bankverbindung, um Gelder in Sparguthaben oder einem Depot zu verwahren. Im gemeinsamen Vertrauen verzichten die Beteiligten dann auf eine ausdrückliche Vereinbarung, wie hoch die Anteile sein sollen. Dies kann sich bei einer Auseinandersetzung der Anteile in Bezug auf die Schenkungsteuer nachteilig auswirken, wenn der Nachweis über die Verteilung der Gelder gegenüber der Finanzbehörde nicht gelingt. Insbesondere bei Scheidung, Trennung oder Auseinanderleben verweigert nämlich oft der andere Teil die Mitwirkung, und sei es nur, um dem Widerpart „eins auszuwischen“; ebenso kann der Nachweis wegen Krankheit, Tod oder Nichterreichbarkeit einer Person scheitern. Werden allerdings die Personen im Sinne eines sogenannten „Oder-Kontos“ als Kontoinhaber geführt, so erfolgt die Zurechnung bei objektiven Anhaltspunkten im Zweifel nach Anteilen pro Kopf, bei zwei Beteiligten gehört also das gesamte Guthaben jedem zur Hälfte (vgl. BFHE 237, 179). Anders aber bei  einem einzigen Kontoinhaber: Dann gilt die Überlassung eines Anteils am Guthaben durch den Kontoinhaber an die andere Person  im Zweifel als geschenkt, so die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 29.06.2016 in BFHE 254, 64. Will der Steuerpflichtige eine andere Zurechnung, so trägt er für diesen Umstand die Feststellungslast (entspricht der Beweislast). Insbesondere muss gemäß § 159 Absatz 1 Abgabenordnung (AO) ein sogenanntes Treuhandverhältnis nachgewiesen werden. Mit anderen Worten ausgedrückt muss bewiesen werden, dass das Guthaben (oder ein Teil davon) zwar auf den Namen des Kontoinhabers lautet, aber für das fremde wirtschaftliche oder rechtliche Interesse der anderen Person.

Dieser Nachweis ist auch dann zu erbringen, wenn neben dem alleinigen Kontoinhaber eine andere Person lediglich Kontovollmacht hatte, mit der lediglich Verfügungsbefugnis gegenüber der Bank nachgewiesen wird, vgl. BFH a.a.O., BGH NJW 1988, 1208.

Tipp: Es wird dringend empfohlen, bei Nutzung nur eines Kontos mit alleiniger Inhaberschaft eines Beteiligten Treuhandabreden über die Anteile aller Beteiligten zu treffen. Bei Änderungen der Anteilsverhältnisse empfiehlt sich eine Aktualisierung der Abrede. Zur zivilrechtlichen und steuerrechtlichen Wirksamkeit der Abrede sollte bei der Formulierung Rechtsrat hinzugezogen werden.

Vorsicht bei Erbeinsetzung unter der „Bedingung“ des Eintritts eines bestimmten Ereignisses

Häufig machen Personen die Erbeinsetzung im Testament von einem bestimmten Verlauf der Tatsachen abhängig. Dabei wird allerdings übersehen, dass bei der Auslegung von letztwilligen Verfügungen eine Abgrenzung zwischen der Erbeinsetzung unter einer bestimmten Bedingung oder einer bloßen Angabe des Beweggrunds (Motivs) erforderlich ist. Das Motiv allein schafft aber noch keine Bedingung, dass die Erbeinsetzung nur bei Eintritt der vom Erblasser angenommenen Tatsache gewollt ist. Konkret hatte eine Erblasserin ihren Lebensgefährten auf einem kleinen Zettel als Erben mit folgendem Wortlaut eingesetzt: „….sollte heute bei diesem Eingriff etwas passieren und ich nicht mehr aufwachen, vermache ich mein ganzes Vermögen und Haus Herrn…..“. Es ging bei dem operativen Eingriff um eine Biopsie mit örtlicher Betäubung, also einen verhältnismäßig ungefährlichen operativen Eingriff. Die Erblasserin verstarb vier Monate nach der Biopsie. Verwandte der Erblasserin traten dem Erbscheinsantrag des Lebensgefährten entgegen, hatten aber keinen Erfolg vor dem OLG Düsseldorf (Beschluss vom 29.08.2015 – I -3 Wx 191/14). Denn das Gericht konnte keinen Anhaltspunkt erkennen, dass die letztwillige Verfügung der Erblasserin nur in dem Fall gelten sollte, dass sie aufgrund des Eingriffs der Biopsie versterben würde. Obwohl dies nach dem Wortlaut angenommen werden könnte, sah das Gericht angesichts des geringen Risikos des Eingriffs in der Formulierung lediglich ein Motiv, den letzten Willen der Erblasserin generell zu äußern.
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass von einer Formulierung der Erbeinsetzung allein aufgrund des Umstands des Eintritts bestimmter Tatsachen dringend abzuraten ist, Die Erbeinsetzung sollte möglichst unabhängig von dem Eintritt bestimmter künftiger Tatsachen formuliert werden. Ist dies vom Verfügenden nicht gewünscht, so muss er zur zweifelfreien Auslegung des Sinns der Aussage ergänzende Anmerkungen machen. Bezüglich der genauen Formulierung sollte stets Rechtsrat eingeholt werden.

Ehegattenunterhalt: Der „ehebedingte Nachteil“

Unterhalt nach Ehescheidung gibt es grundsätzlich nur in bestimmten Fällen, ansonsten gilt, dass jede Person sich selbst zu versorgen hat. Sofern die gesetzlich definierten Fälle für die Versorgung des Geschiedenen aufgrund Kinderbetreuung, Arbeitslosigkeit, Ausbildung oder Alter nicht greifen, muss geprüft werden, ob Unterhalt geschuldet ist, weil dies nach den ehelichen Lebensverhältnissen als angemessen erscheint. Dieser unbestimmte Begriff beinhaltet nicht nur die Frage, ob ein Ehegatte aufgrund einer erheblichen Einkommensdifferenz der Eheleute als finanziell Schwächerer auch noch Unterstützung erwarten darf, wenn die Ehe gescheitert ist. Vertraute er auf das Fortbestehen der Ehe (z. B. aufgrund ihrer langen Dauer), so erscheint es oft billig, ihm zumindest für eine gewisse Zeit oder für eine gewissen Teil Unterhalt zuzusprechen, welcher sich aus dem hälftigen Betrag beider Einkommen der Eheleute (nach Abzug von Kindesunterhalt) ergibt. Was ist aber in Fällen, bei denen der Ehegatte mit dem geringeren Verdienst sich auch noch darauf berufen kann, er würde bei Hinwegdenken der Eheschließung und der damit oft verbundenen Änderung der beruflichen Entwicklung ( z. B. Aufgabe des Berufs wegen Kinderbetreuung) ein höheres Einkommen erzielen als heute? Dies sind sogenannte „ehebedingte Nachteile“. Auch wenn die Prüfung dieser Nachteile aufgrund des Zeitablaufs oft nicht einfach ist, so lohnt sie sich gleich mehrfach: Denn diese finanziellen Nachteile können ihrer Art nach beim Unterhalt weder befristet noch herabgesetzt werden. Zudem hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Ausgleich des ehebedingten Nachteils dem Berechtigten in vollem Umfang zusteht und nicht nur in hälftiger Höhe (BGH NJW 2016, 2256).

Ein konkretes Beispiel: M und F sind seit 18 Jahren miteinander verheiratet und lassen sich scheiden. F war vor der Ehe bei der Finanzverwaltung beschäftigt und verdiente damals ca. 1500 EUR netto. Sie gab aufgrund Kindererziehung während der Ehe die Berufstätigkeit auf und arbeitet nun mangels anderer Möglichkeiten bei einem Steuerberater zu einem Nettoverdienst von 1500 EUR. Sie würde bei ununterbrochener Fortsetzung ihrer Tätigkeit bei der Finanzverwaltung nun 2500 EUR netto verdienen. M hat bei Scheidung ein Nettoeinkommen von 5000 EUR. Das Kind hat keinen Unterhaltsanspruch mehr. Was ist beim nachehelichen Unterhalt zu erwarten? Der Scheidungsrichter sieht zunächst  einen Gesamtbedarf der Eheleute von 5850 EUR (6500 EUR Gesamteinkommen abzgl. zehn Prozent Erwerbstätigenbonus).Vom hälftigen Bedarf der Ehefrau in Höhe von 2925 EUR zieht das Gericht das bedarfsdeckende Einkommen von 1500 EUR ab und spricht bei Abwägung aller Umstände (z. B. Dauer der Ehe) aus Billigkeitsgründen einen Ehegattenunterhalt von 1425 EUR für eine Dauer von sechs Jahren zu. Für die Zeit danach erkennt der Richter auf einen Unterhalt von 1000 EUR, was dem Ausgleich des ehebedingten Nachteils entspricht (um 1000 EUR geringeres Einkommen der Ehefrau aufgrund Aufgabe des Berufs in der Ehe).

Wichtig bei allen Fragen zum nachehelichen Unterhalt ist eine ausführliche und schlüssige Darstellung aller Gründe. Denn der BGH hat in der vorzitierten Entscheidung erneut betont, dass es allein Aufgabe des „Tatrichters“ sei, die Billigkeitsabwägung vorzunehmen. Mit anderen Worten: Wer ungenügend, widersprüchlich oder lückenhaft über seine Rechtsvertretung zu den Tatsachen vorträgt, braucht sich nicht zu wundern, wenn sich das Gericht nicht zu seinen Gunsten entscheidet.