Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seiner Entscheidung vom 16.09.2020 – XII ZB 499/19 – seine bisherige Rechtsprechung zur Ermittlung und Berechnung von Unterhalt für minderjährige Kinder bei gut verdienenden Eltern geändert. Es geht um barunterhaltspflichtige Elternteile, die nach Abzug aller Ausgaben (Steuern, Krankenversicherung, Altersvorsorge) noch ein Nettoeinkommen von mehr als 5.500 EUR zur Verfügung haben. In diesen Fällen verlangte der BGH bisher eine Darstellung des konkreten Bedarfs für das Kind, wenn es einen höheren als den in der Unterhaltstabelle „Düsseldorfer Tabelle“ Gruppe 10 bestimmten Unterhalt von 160 Prozent des Regelunterhalts beanspruchen wollte. Diese Gruppe beziffert den Unterhalt bei einem Einkommen des Pflichtigen zwischen 5.101 und 5.500 EUR. Wenn der Pflichtige ein höheres Einkommen hat, war nach bisheriger Rechtsprechung konkret durch einzelne Positionen und Nachweise darzulegen, dass die Ausgaben für das Kind höher sind als der Regelbedarf der Tabelle. Diese Möglichkeit gibt der BGH dem Kind auch nach der neuen Rechtsprechung als Alternative. Daneben lässt er aber nun auch eine Fortschreibung der Tabelle nach Einkommens- und Altersgruppen zu. Er begründet dies mit der neueren Rechtsprechung zum Ehegattenunterhalt. Hiernach kann ein unterhaltsberechtigter Ehegatte nach einer „starren“ Quote (drei Siebtel oder 45 Prozent des ehelichen Einkommens) den Unterhaltsbedarf pauschalieren, wenn das Einkommen des Pflichtigen nicht das Doppelte der höchsten Einkommensgruppe, also 11.000 EUR (s. o.), übersteigt (BGHZ 217,24; BGHZ 223, 203). Gleiches soll nun auch für den Kindesunterhalt gelten, da das Kind am Lebensstandard der Eltern teilnimmt. Damit ist es zulässig, die Unterhaltstabelle für das Jahr 2021 bei einem Einkommen des pflichtigen Elternteils von über 5.500 EUR bis zu 11.100 EUR wie folgt fortzuschreiben (vgl. Viefhues, FF 21, 5 ff.):
Einkommen bis 5.500 EUR | Alter 0 -5 Jahre 629 EUR | Alter 6 -12 722 EUR | Alter 12 – 18 845 EUR | ab 18 903 EUR | Prozent 160 % |
5.900 EUR | 660 EUR | 758 EUR | 887 EUR | 948 EUR | 168 % |
6.300 EUR | 692 EUR | 794 EUR | 929 EUR | 993 EUR | 176 % |
6.700 EUR | 723 EUR | 830 EUR | 972 EUR | 1.038 EUR | 184 % |
7.100 EUR | 755 EUR | 866 EUR | 1.014 EUR | 1.083 EUR | 192 % |
7.500 EUR | 786 EUR | 902 EUR | 1.056 EUR | 1.128 EUR | 200 % |
7.900 EUR | 817 EUR | 938 EUR | 1.098 EUR | 1.173 EUR | 208 % |
8.300 EUR | 849 EUR | 974 EUR | 1.140 EUR | 1.218 EUR | 216 % |
8.700 EUR | 880 EUR | 1.010 EUR | 1.183 EUR | 1.263 EUR | 224 % |
9.100 EUR | 912 EUR | 1.046 EUR | 1.225 EUR | 1.308 EUR | 232 % |
9.500 EUR | 943 EUR | 1.082 EUR | 1.267 EUR | 1.354 EUR | 240 % |
9.900 EUR | 975 EUR | 1.118 EUR | 1.309 EUR | 1.399 EUR | 248 % |
10.300 EUR | 1.006 EUR | 1.155 EUR | 1.352 EUR | 1.444 EUR | 256 % |
10.700EUR | 1.038 EUR | 1.191 EUR | 1.394 EUR | 1.489 EUR | 264 % |
11.100 EUR | 1.069 EUR | 1.227 EUR | 1.436 EUR | 1.534 EUR | 272 % |
Natürlich gelten die Regeln zur Anwendung der Tabelle gemäß der Anmerkungen der jährlich veröffentlichen Düsseldorfer Tabelle auch für die fortgeschriebenen Werte: Beispielweise kommt bei einer Unterhaltspflicht für mehrere Personen eine Herabsetzung in eine niedrigere Einkommensgruppe in Betracht. Ebenso ist der Abzug des (hälftigen) Kindergelds zur Ermittlung des Zahlbetrags zu berücksichtigen. Volljährige Kinder erhalten den Tabellenunterhalt, wenn Sie noch im Haushalt eines Elternteils wohnen, allerdings unter Berücksichtigung des vollen Kindergelds als bedarfsdeckend.
Generell ist trotz der bestehenden Unterhaltstabelle und der oben dargestellten Fortschreibung für höhere Einkommen zu beachten, dass der Unterhalt nicht schematisch bestimmt werden kann, sondern es stets auf die Umstände des Einzelfalls ankommt und viele Besonderheiten zu beachten sind. Daher empfiehlt sich stets eine anwaltliche Beratung.