Angesichts hoher Pflege- und Heimkosten können alte Menschen oft ihren Bedarf nicht mehr aus ihrem eigenen Einkommen und Vermögen decken. Vor einer Unterstützung durch den Sozialhilfeträger besteht grundsätzlich die Verpflichtung des Kinds, aus seinen Mitteln ein Elternteil zu versorgen. Es fragt sich allerdings, wie viel Einkommen einem Kind zur Sicherung seiner eigenen Existenz verbleiben darf, bevor es in Anspruch genommen wird. Bisher war es nach vielen Unterhaltsleitlinien und der Rechtsprechung Praxis, dass ein bestimmter Betrag des monatlichen Nettoeinkommens (zuletzt 2.650 EUR für das Jahr 2024) als Selbstbehalt dem Kind verbleiben muss. Ein darüber hinausgehendes Einkommen soll zur Hälfte berücksichtigungsfähig sein. Dieser Selbstbehalt weicht jedoch erheblich von der Vorschrift § 94 Abs. 1a Satz 1 SGB XII ab, welche die Inanspruchnahme eines Kinds durch den Sozialhilfeträger für seine Leistungen an eine pflegebedürftige Person nur bei einem Einkommen von jährlich mindestens 100.000 EUR (monatlich also 5.000 EUR) vorsieht. Nun hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 23. Oktober 2024 – XII ZB 6/24 klargestellt, dass der unterhaltsrechtliche Selbstbehalt nicht mit der Frage, wann ein Kind für Sozialhilfeleistungen an einen Elternteil in Anspruch genommen werden darf, gleichgesetzt werden darf. Aus der Entscheidung geht aber auch hervor, dass der nicht zu berücksichtigende Anteil des den Selbstbehalt übersteigenden Einkommens durchaus höher sein darf als 50 Prozent. Das Gericht sieht es „aus rechtlichen Gründen als nicht zu beanstanden“ an, wenn 70 Prozent des Einkommens über dem Selbstbehalt nicht beim Kind zur Berechnung des Elternunterhalts herangezogen werden. Dies stellt eine erheblich Entlastung der Unterhaltspflicht des Kinds für ein Elternteil dar.