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Neues zur Unwirksamkeit von Eheverträgen

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer weiteren Entscheidung vom 15.03.2017 mit dem Aktenzeichen XII ZB 109/16 dargelegt, unter welchen Voraussetzungen die Vereinbarung von Eheleuten zu den Scheidungsfolgen als unwirksam anzusehen sind. Der Richterspruch ist deswegen von besonderer Bedeutung, da im zu beurteilenden Fall nicht der Ausschluss oder die Einschränkung von bestimmten Rechten bei den Scheidungsfolgen an sich zur Unwirksamkeit führt, sondern besondere Umstände der „subjektiven Imparität“, also der Ausnutzung einer Zwangslage eines Ehegatten, wie z. B. seine intellektuelle Unterlegenheit oder seine wirtschaftliche bzw. soziale Abhängigkeit. Der Sachverhalt: Die seit 1993 verheirateten Beteiligten schlossen kurz nach Geburt einer Tochter 1995 einen Ehevertrag, in dem sie folgendes vereinbarten: Gegenseitiger Ausschluss von Ehegattenunterhalt einschließlich Krankenunterhalt, ausgenommen Unterhalt für die Dauer der Betreuung eines gemeinsamen Kindes (höchstens aber bis zum 18. Lebensjahr des Kindes); Begrenzung des Unterhalts auf höchstens 3.000 DM monatlich; gegenseitiger Ausschluss des Versorgungsausgleichs und des Zugewinnausgleichs. Nach den Feststellungen des Vorinstanzen war allerdings „Hintergrund“, dass die Mutter des Ehemanns die Übertragung von Geschäftsanteilen an ihrem Unternehmen auf ihren Sohn (Ehemann) von dem Zustandekommen des Ehevertrags abhängig machte. Dies ergab sich aus einer Aussage des Ehemanns und dem Umstand, dass seine Mutter unmittelbar nach Abschluss des Vertrags die Anteile und zu einem späteren Zeitpunkt auch noch weitere Anteile auf ihn übertrug. Die Ehefrau arbeitete während der Ehe in dem Familienbetrieb als Sekretärin in Teilzeit. 1997 wurde bei ihr Multiple Sklerose diagnostiziert, seit 2008 bezieht sie aufgrund der Erkrankung nur noch eine Erwerbsminderungsrente von 777 EUR.

Der BGH erörtert, dass aufgrund seiner bisherigen Rechtsprechung weder die einzelnen vertraglichen Beschränkungen der Rechte der Ehefrau in der isolierten Betrachtung noch das Gesamtbild aller Bestimmungen des Vertrags die Annahme der Unwirksamkeit rechtfertigen. Für den Ausschluss des Versorgungsausgleichs war dies im Urteilsfall schon deswegen anzunehmen, weil die Ehefrau höhere Anwartschaften erworben hatte als der Ehemann, also von der Vereinbarung in diesem Punkt profitierte. Beim Ausschluss des Zugewinnausgleichs betont der BGH, dass diese Vereinbarung selbst dann als zulässig betrachtet werden muss, wenn absehbar ist, dass ein Ehegatte sich aus dem Erwerbsleben zurückziehen wird und ihm eine Versorgungslücke entstehen wird; denn der Schutz der Interessen des erwerbstätigen Ehegatten gerade bei Führung eines eigenen Betriebs muss durch einen Wechsel des Güterstands und Vereinbarung der Gütertrennung Vorrang haben. Auch der Ausschluss des nachehelichen Unterhalts wurde für sich genommen wirksam vereinbart, denn bei Abschluss des Vertrags war die Erkrankung der Ehefrau noch nicht absehbar.

Die objektiv feststellbare Lastenverteilung des Vertrags zum Nachteil der Ehefrau bestätigt der BGH, betont aber, dass allein dies nur Indiz für eine Sittenwidrigkeit sein kann, es bedarf „verstärkender Umstände“, die auf eine subjektive Imparität (Ausnutzung der Zwangslage) hindeuten. Letztlich waren aber laut BGH deutliche Umstände erkennbar, wie die Nichteinbindung in die Verhandlungen der Verwandten des Ehemanns zur Unternehmensübertragung, die Belastung der Ehefrau mit der Betreuung des gerade geborenen Kindes, oder auch die Umwandlung des Unternehmens der Mutter des Ehemanns, was ebenso im gleichen notariellen Beurkundungstermin stattfand. Die Ehefrau wollte daher aufgrund ihrer deutlich schwächeren Position den Notartermin nur schnell abgewickelt wissen. Die Vereinbarung des Ausschlusses des nachehelichen Unterhalts war daher aus diesen Gründen unwirksam, die Ehefrau erhielt (in Bestätigung der Vorinstanz) für sechs Jahre Unterhalt nach einem bestimmten konkreten Bedarf und danach für die weitere Zeit in Höhe eines sogenannten eheangemessenen Selbstbehalts abzüglich ihrer eigenen Einkünfte.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass Eheverträge keineswegs aufgrund Ausschlusses erheblicher Rechte eines Ehegatten für den Fall der Scheidung an sich schon unwirksam sein müssen. Aber selbst in Fällen, bei denen die Rechte differenziert (z. B. durch Gewährung von Betreuungsunterhalt) vereinbart werden und nicht durch einen „Totalausschluss“, können äußere Umstände die objektive und subjektive Imparität bestätigen und zur Unwirksamkeit führen. Den Streit darüber wird man nur durch faire Verhandlungen vor Beurkundung und entsprechende Dokumentation ( idealerweise Belehrungen und Besprechungsprotokolle des Rechtsanwalts oder Notars) vermeiden können.

 

Häusliches Arbeitszimmer bei Selbstständigen

Der Bundesfinanzhof hat in seiner Entscheidung vom 22.02.2017 (Aktenzeichen III R 9/16) sich mit der Frage auseinandergesetzt, wann selbstständige Unternehmer neben dem von ihnen eingerichteten und unterhaltenen Arbeitsräumen zusätzlich die Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers gewinnmindernd geltend machen können. Im Gesetz heißt es hierzu, dass u.a. folgende Ausgaben den Gewinn nicht mindern dürfen (§ 4 Absatz 5 Nr. 6b EStG): „Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung.“ Weiter sagt die Vorschrift: „Dies gilt nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 Euro begrenzt.“ Und schließlich: „Die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet“. Immerhin lässt sich aus dem letzten Satz schließen, dass bei ganz überwiegender Ausübung der selbstständigen Erwerbstätigkeit vom häuslichen Arbeitszimmer aus die Kosten hierfür steuermindernd ohne Einschränkung abgezogen werden können. Wie steht es aber um den Selbstständigen, der neben seinem Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit (Büro, Praxis, Werkstatt etc.) zuhause in einem Zimmer arbeitet? Wann steht ihm „kein anderer Arbeitsplatz“ als das häusliche Arbeitszimmer zur Verfügung? Im Urteilsfall ging es um einen Logopäden, der an zwei Orten Praxisräume mit insgesamt vier Angestellten betrieb. Er gab an, er könne dort nicht bestimmte Büro- und Verwaltungsarbeiten erledigen, da die vorhandenen Tische und übrige Einrichtung ausschließlich zur Behandlung der Patienten verwendet werden könnten, im übrigen ein Zugriff der Mitarbeiter auf vertrauliche Daten möglich sei, wenn die verwaltungstechnischen Arbeiten in den Praxisräumen erledigt werden würden. Zudem seien die Verwaltungsarbeiten nach Dienstschluss außerhalb der Praxisöffnungszeiten nicht zumutbar. Das Finanzamt lehnte den Abzug der Kosten für das häusliche Arbeitszimmer ab, die Arbeiten hätten auch in der Praxis erledigt werden können, die ausreichend ausgestattet sei. Dagegen wandte sich der Steuerpflichtige mit Klage und erhielt Recht, er konnte also jährlich bis zu 1.250 EUR Kosten für das häusliche Arbeitszimmer abziehen. Der BFH bestätigte die Entscheidung des Finanzgerichts damit, dass allein das Vorhandensein eines Tischs in der Praxis nicht genüge, um die Verwaltungsarbeiten dort zuzumuten. Es sei auch auf die Tätigkeit außerhalb der Praxis, deren Größe, Ausstattung, die Zahl der Mitarbeiter, aber auch die Vertraulichkeit der Arbeiten abzustellen. Im Zusammenhang mit früheren Entscheidungen betont der BFH, dass es dem Steuerpflichtigen nicht immer zumutbar ist, Unterlagen und Geschäftspapiere in seine Arbeitsräume (hier Praxis) zu verbringen und dort zu bearbeiten.
Zusammenfassend lässt sich für einige in selbstständiger Tätigkeit ausgeübten Berufe der Schluss ziehen, dass bei beengten räumlichen Verhältnissen, Einsatz von Mitarbeitern und Vertraulichkeit der zu bearbeitenden Geschäftspapiere der Abzug der Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers (zusätzlich) gerechtfertigt erscheint. Insbesondere bei medizinischer oder handwerklicher Tätigkeit werden die Raume typischerweise nicht immer für Büroverwaltungsarbeiten geeignet sein. Natürlich sollte man auch auf eine entsprechende Trennung der Einrichtung achten, wenn die Kosten des häuslichen Arbeitszimmers in Abzug gebracht werden. Ob allerdings ein Arzt, Anwalt oder Steuerberater aufgrund dieser Rechtsprechung u.a. mit der Begründung, er müsse auch seine Unterlagen vertraulich unter Ausschluss der Mitarbeiter zuhause bearbeiten, den Abzug erreichen kann, bleibt fragwürdig. Ebenso offen und klärungsbedürftig erscheint die Frage in Fällen, in denen die Arbeitsräume keine ausreichende technische Ausstattung (Computer) oder keinen Internetanschluss vorsehen und daher zuhause gearbeitet werden muss.

Kann man Kosten einer betrieblichen Geburtstagsfeier bei der Steuer abziehen?

Für die Beurteilung der Frage, ob Kosten einer Feier in dem beruflichen Bereich steuermindernd berücksichtigt werden können, gilt grundsätzlich das erhebliche Indiz des Anlasses für die Feier. Liegt der Anlass im privaten Bereich, so z. B. bei einer Geburtstagsfeier des Arbeitnehmers, scheidet regelmäßig die Annahme von steuermindernden Werbungskosten aus. Der Anlass ist laut einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 10.11.2016, VI R 7/16, nicht das allein bestimmende Kriterium. Im Urteilsfall hatte der Kläger als Geschäftsführer einer GmbH zur Feier seines 60. Geburtstags alle Mitarbeiter und den Aufsichtsratsvorsitzenden an einem Werktag zu einer üblichen Arbeitszeit eingeladen (Kosten je Mitarbeiter ca. 35 EUR). Die Miitarbeiter erschienen teilweise in Arbeitskleidung. Die Kosten für diese Veranstaltung setzte der Kläger als Werbungskosten an. Er feierte daneben auch noch privat mit erheblich höheren Kosten. Der BFH ließ hier den steuerlichen Abzug zu. Dies sei dann möglich, wenn die Feier nicht der repräsentativen Erfüllung gesellschaftlicher Konventionen, sondern dem kollegialen Miteinander und der Pflege des Betriebsklimas diene. Der BFH sah im Urteilsfall maßgebende Kriterien darin, dass nur Mitarbeiter feierten (keine Presse oder unternehmensfremde Personen), teilweise die Gäste auch nur Arbeitskleidung trugen, die Kosten und der Rahmen (Bierzelt) der Feier maßvoll waren, sie während der Arbeitszeit stattfand, und der Kläger daneben (abgrenzbar) andere private Feiern veranstaltete. Hingegen war nicht entscheidend, dass der Arbeitgeber des Klägers nicht eingeladen hatte.
Die Entscheidung zeigt, dass bei einer streng betriebsintern geführten Veranstaltung sogar der private Anlass (Geburtstag) bei der Beurteilung der steuerlichen Abzugsfähigkeit zurücktreten kann. Es bedarf aber einiger äußerlich wahrnehmbarer Merkmale und einer entsprechenden Dokumentation. Die Finanzämter dürften nämlich weiterhin nur sehr eingeschränkt den Werbungskostenabzug anerkennen, daher müssen die tatsächlichen Umstände zur Beurteilung im Finanzgerichtsprozess lückenlos nachgewiesen werden.

Verlangt das Finanzamt zu hohe Zinsen?

Immer wieder taucht die Frage auf, ob der nach § 238 Abgabenordnung (AO) bestimmte Zinssatz von 6 Prozent bei der zur Zeit gegebenen Niedrigzinsphase noch gerechtfertigt ist. Besonders ärgerlich sind die festgesetzten Zinsen dann, wenn sie – wie in der Regel – dem Umstand geschuldet sind, dass das Finanzamt viel Zeit zur Bearbeitung der Steuererklärung benötigt. Zuletzt hatte allerdings der Bundesfinanzhof die gesetzliche Zinshöhe nicht beanstandet (Urteil vom 14.04.2015, IX R 5/14, BFH/NV 2015,1329. Er begründete dies mit der Vergleichbarkeit des Zinsfusses von nicht gesicherten Geschäfts- und Privatkrediten. Da der zu beurteilende Sachverhalt aber einige Jahre zurück liegt, zwischenzeitlich die Zinsen weiter gefallen sind, fragt sich, ob diese Rechtsprechung noch Bestand haben wird. Aktuell gibt es ein Verfahren vor dem Finanzgericht Münster unter dem Aktenzeichen 10 K 2472/16 E, in dem es auch um die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Zinsen geht. Wer sich gegen festgesetzte Zinsen im Steuerbescheid wehren will, sollte fristgemäß Einspruch dagegen einlegen und sich auf das Verfahren vor dem FG Münster berufen.

Darf der Unternehmer einen Investitionsabzugsbetrag nach §7g EStG nachträglich bilden?

§7g Einkommensteuergesetz (EStG) soll kleineren Unternehmen die Möglichkeit eröffnen, künftige Anschaffungs- und Herstellungskosten für ein abnutzbares bewegliches Wirtschaftsgut des Anlagevermögens in Höhe von bis zu 40 Prozent abzuziehen. Dabei muss die Anschaffung nicht im Jahr der erstmaligen Erklärung (Bezifferung der voraussichtlichen Höhe der Kosten und der Funktion des Wirtschaftsguts außerhalb der Bilanz) erfolgen, sondern auch noch innerhalb der darauffolgenden Wirtschaftsjahre. Dazu muss der Steuerpflichtige auch eine entsprechende „Absicht“ der Investition haben (so jedenfalls der von 2008 bis 2015 geltende Wortlaut). Wann kann man diese Absicht annehmen? Wer trägt hierfür die Feststellungslast (entspricht der Beweislast)? Interessanterweise vertreten die Finanzbehörden zu diesen Fragen eine andere Auffassung als die Finanzgerichte. Denn natürlich wollen die Finanzämter der Möglichkeit entgegentreten, dass ein Unternehmer im Rahmen einer Außenprüfung (Betriebsprüfung) festgestellte höhere Gewinne für Vorjahre noch durch Bildung und Erklärung eines Investitionsabzugsbetrags für ein zwischenzeitlich angeschafftes Wirtschaftsgut „nachträglich“ korrigiert. Ebenso könnten Steuerbescheide, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergehen, noch „nachträglich“ zugunsten des Steuerpflichtigen geändert werden, da es an einer formellen Bestandskraft der Bescheide fehlt. Nun hat der Bundesfinanzhof (BFH) in seiner Entscheidung vom 23.03.2016, IV R 9/14, klargestellt, dass der Zweck der Vorschrift, nämlich Stärkung von Liquidität, Innovations- und Investitionskraft der Unternehmen, auch die Zulassung einer nachträglichen Geltendmachung des Abzugsbetrags gebietet. Nach der Urteilsbegründung kann die Investitionsabsicht als „innere Tatsache“ nur anhand von äußeren Umständen geprüft werden. Wird dabei die Absicht mit einem später innerhalb des Investitionszeitraums angeschafften Wirtschaftsgut begründet, sind auch sonst keine Zweifel daran ersichtlich, so spricht dies laut BFH für den Nachweis der Absicht, und zwar auch dann, wenn es um eine Korrrektur des Gewinns aufgrund einer Außenprüfung geht (so im zu beurteilenden Fall). Die Feststellungslast trägt allerdings grundsätzlich der Unternehmer.

Zusammenfassend lässt sich aufgrund des Urteils des BFH für den Zeitraum der Jahre 2008 bis 2015 sagen, dass die Bildung Investitionsabzugsbetrags auch nachträglich zuzulassen ist, wenn die Absicht durch ein zwischenzeitlich angeschafftes Wirtschaftsgut nachgewiesen wird, auf dessen Anschaffungskosten sich der Abzugsbetrag bezieht. Eines Finanzierungszusammenhang bedarf es nicht. Sollte ein Finanzamt den nachträglichen Abzug nicht zulassen (die Finanzverwaltung wendet die zitierte Entscheidung des BFH nicht an), empfiehlt sich die Klärung vor dem Finanzgericht.

Für Abzugsbeträge ab 2016 ist die Rechtslage noch ungeklärt. Immerhin hat der Gesetzgeber in der ab Veranlagunsgszeitraum 2016 anzuwendenden Fassung die Voraussetzung der Absicht zur Investition gestrichen, was für einen Wegfall dieser „inneren Tatsache“ spricht. Letztlich bedarf es einer höchstrichterlichen Klärung und sind streitige Fälle bis dahin durch Rechtsmittel offen zu halten.

Steuerfalle bei Freiberuflern: Selbständig arbeitendes nicht überwachtes Personal

In Praxen von Ärzten und Zahnärzten, in Steuerberater- und Anwaltskanzleien, aber auch bei Unternehmensberatern sowie kreativen Berufen gehört es zum gewöhnlichen Bild, dass die Partner sich geschulten Personals bedienen, um bestimmte Aufgaben im Arbeitsablauf erledigen zu lassen. Bekanntlich schulden die Freiberufler grundsätzlich keine Gewerbesteuer, da sie keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen, sondern Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit gemäß § 18 EStG erzielen. Dies kann aber anders aussehen, wenn das helfende Personal so weitreichend eigenständig arbeitet, dass der Freiberufler nicht mehr die Tätigkeit überwacht bzw. ihr „seinen eigenen Stempel aufdrückt“. Dann erfolgt eine Umqualifizierung in Einkünfte aus Gewerbebetrieb, was insbesondere Gewerbesteuerpflicht auslöst. Im einzelnen äußert sich hierzu der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 03.11.2016 , Az. VIII R 62/13, BStBl II 2016, 381. Die Richter betonen in dieser Entscheidung, dass gemäß Gesetzeswortlaut der Freiberufler auch bei Mithilfe von Personal leitend und eigenverantwortlich tätig sein muss. Im zu beurteilenden Fall wurde eine Ärztin mit einem Praxisanteil von Null in eine Ärztegemeinschaft aufgenommen. Die Ärztin hatte zwar eine Option auf eine Beteiligung von einem Drittel, übte sie aber nicht aus. Ihr Gewinnanteil betrug allein 37 Prozent der von ihr erwirschafteten Honorare. Ein Abfindungsanspruch bei Ausscheiden bestand nicht. Auf dieser Basis behandelte die Ärztin eigenständig Patienten der Praxisgemeinschaft. Der BFH bestätigte die Auffassung der Finanzverwaltung, dass die Ärztin nicht Teilhaberin der Gemeinschaft ist und aufgrund der eigenständigen Tätigkeit der Berufsträgerin die Praxisgemeinschaft gewerbliche Einkünfte erzielt, daher gewerbesteuerpflichtig ist.
Hinweise und Tipps: Der Nachteil der Gewerbesteuerpflicht wirkt sich bei Praxisgemeinschaften besonders nachteilhaft aus, da schon die eigenverantwortliche Tätigkeit in einem bestimmten Fachgebiet oder Teilbereich ohne Überwachung und Leitung eines beteiligten Partners sämtliche Einkünfte der Praxisgemeinschaft „infiziert“ (Abfärbetheorie nach § 15 Absatz 3 Nr. 1 EStG). Andererseits muss aber bei einer kontrollierten Mithilfe darauf geachtet werden, dass die Weisungsbefugnis nicht überstrapaziert wird, sonst ist eine nichtselbstständige Tätigkeit mit Haftung des Arbeitgebers hinsichtlich Lohnsteuern und Sozialversicherungen anzunehmen.
Entscheidet sich jedenfalls der Freiberufler für die Unterstützung durch einen Selbstständigen (z.B. Subunternehmer), so muss er die Arbeitsabläufe so organisieren, dass für jede übernommene Tätigkeit der helfenden Person daneben die leitende und aufgrund eigener Fachkenntnisse eigenständige Tätigkeit des Freiberuflers dokumentiert ist. Dies kann bei Ärzten z.B. durch das  Aufnahmegespräch oder wichtige Behandlungsentscheidungen geschehen. Bei rechts- und steuerberatender Tätikeit wäre eine Dokumentation durch Zeichnung der Schriftsätze möglich. Ebenso wichtig ist es, auch für Zeiten der Abwesenheit des Freiberuflers (Urlaub, Krankheit) die Kontrolle durch Vertretung zu organisieren und alle Nachweise für den Fall der Außenprüfung aufzubewahren.

Erbschaftsteuer: Abfindung im Erbrechtsstreit ist abzugsfähig

Der Bundesfinanzhof hat in einer Entscheidung vom 15.06.2016 (II R 24/15)klargestellt, dass eine Abfindung im Rechtsstreit um die Frage, wer Erbe ist, bei der Erbschaftsteuer als Erwerbskosten nach § 10 Absatz 5 Nr. 3 Erbschaft- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG) in Abzug gebracht werden darf. Ein Ehepaar und ein Finanzberater stritten sich vor dem Nachlassgericht darum, wer die Mutter der Ehefrau beerbte, es lagen mehrere Verfügungen der Mutter vor. Letztlich zahlte das Ehepaar dem Finanzmakler 160.000 EUR, damit er keine Einwendungen gegen den Erbscheinantrag stellt und die Eheleute so die Erbenposition erlangen.
Das Finanzamt hatte den Abzug der Abfindung bei der Veranlagung zur Erbschaftsteuer der Eheleute abgelehnt. Es begründete dies damit, dass der Erwerb des Nachlasses von Gesetzes wegen nach §§ 3 ErbStG, 1922 BGB eintrete. Der BFH widersprach und sah in Fällen, in denen die Erbenstellung aufgrund von widersprechenden Verfügungen erst geklärt werden müsse, auch Kosten im Zusammenhang mit der Klärung als Erwerbskosten an, denn nur durch diese Kosten könne die Erbenstellung erreicht werden.
Gleiches gilt auch für Zahlungen des Vorerben an den Nacherben, damit dieser auf ein Pflichtteilsrecht im Vorerbfall verzichtet, vgl. BFH in BStBl. II 1981, 473.

Ein Konto für mehrere Personen: Fehlen Nachweise, kann bei Auseinandersetzung Schenkungsteuer anfallen!

Nicht selten benützen unverheiratete Paare, Eheleute, Lebenspartner oder andere Personen mit gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen nur eine Bankverbindung, um Gelder in Sparguthaben oder einem Depot zu verwahren. Im gemeinsamen Vertrauen verzichten die Beteiligten dann auf eine ausdrückliche Vereinbarung, wie hoch die Anteile sein sollen. Dies kann sich bei einer Auseinandersetzung der Anteile in Bezug auf die Schenkungsteuer nachteilig auswirken, wenn der Nachweis über die Verteilung der Gelder gegenüber der Finanzbehörde nicht gelingt. Insbesondere bei Scheidung, Trennung oder Auseinanderleben verweigert nämlich oft der andere Teil die Mitwirkung, und sei es nur, um dem Widerpart „eins auszuwischen“; ebenso kann der Nachweis wegen Krankheit, Tod oder Nichterreichbarkeit einer Person scheitern. Werden allerdings die Personen im Sinne eines sogenannten „Oder-Kontos“ als Kontoinhaber geführt, so erfolgt die Zurechnung bei objektiven Anhaltspunkten im Zweifel nach Anteilen pro Kopf, bei zwei Beteiligten gehört also das gesamte Guthaben jedem zur Hälfte (vgl. BFHE 237, 179). Anders aber bei  einem einzigen Kontoinhaber: Dann gilt die Überlassung eines Anteils am Guthaben durch den Kontoinhaber an die andere Person  im Zweifel als geschenkt, so die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 29.06.2016 in BFHE 254, 64. Will der Steuerpflichtige eine andere Zurechnung, so trägt er für diesen Umstand die Feststellungslast (entspricht der Beweislast). Insbesondere muss gemäß § 159 Absatz 1 Abgabenordnung (AO) ein sogenanntes Treuhandverhältnis nachgewiesen werden. Mit anderen Worten ausgedrückt muss bewiesen werden, dass das Guthaben (oder ein Teil davon) zwar auf den Namen des Kontoinhabers lautet, aber für das fremde wirtschaftliche oder rechtliche Interesse der anderen Person.

Dieser Nachweis ist auch dann zu erbringen, wenn neben dem alleinigen Kontoinhaber eine andere Person lediglich Kontovollmacht hatte, mit der lediglich Verfügungsbefugnis gegenüber der Bank nachgewiesen wird, vgl. BFH a.a.O., BGH NJW 1988, 1208.

Tipp: Es wird dringend empfohlen, bei Nutzung nur eines Kontos mit alleiniger Inhaberschaft eines Beteiligten Treuhandabreden über die Anteile aller Beteiligten zu treffen. Bei Änderungen der Anteilsverhältnisse empfiehlt sich eine Aktualisierung der Abrede. Zur zivilrechtlichen und steuerrechtlichen Wirksamkeit der Abrede sollte bei der Formulierung Rechtsrat hinzugezogen werden.

ebay-Verkäufe: Wann schuldet der Verkäufer dem Finanzamt Umsatzsteuer?

Auf Internetseiten wie eBay werden jährlich Millionen Artikel von Unternehmen und Privatpersonen verkauft. Aber wann wird man vom Finanzamt als Gewerbetreibender eingestuft, der Umsatzsteuer abzuführen hat? Die Frage beschäftigte auch den Bundesfinanzhof (BFH) in einer Entscheidung vom 12.08.2015 (Aktenzeichen XI R 43/13). Eine Frau hatte zwei Jahre lang über zwei eBay-Konten 140 wertvolle Kleidungsstücke in unterschiedlichen Größen angeboten, Sie erzielte hieraus einen Umsatz von ca. 90.000 EUR. Das Finanzamt verlangte Umsatzsteuer, da es eine unternehmerische Tätigkeit annahm. Dagegen wehrte sich die Verkäuferin vor dem Finanzgericht mit der Behauptung, die Kleider stammen aus einer privaten Haushaltsauflösung einer Verwandten. Zunächst gab ihr das Finanzgericht Recht, der BFH hob die Entscheidung jedoch auf, die Umsatzsteuer aus den Verkaufserlösen musste also abgeführt werden. Nach Ansicht des Gerichts sprachen folgende Kriterien für eine unternehmerische Tätigkeit:

– Verkauf von fremden Sachen
– Verkauf von Gebrauchsgegenständen (keine Sammlerstücke)
– Verkauf über mehrere Verkäuferkonten bzw. verschiedene Internetseiten
– Intensität und/oder Dauer der Verkaufsbemühungen.
In der Praxis kann sich der private Verkäufer bei der Umsatzsteuer allerdings durch die Kleinunternehmerregelung schützen: War der Umsatz im Vorjahr nicht höher als 17.500 EUR und dürfte im laufenden Jahr 50.000 EUR nicht übersteigen, so sollte er als Kleinunternehmer noch nicht zur Umsatzsteuer veranlagt werden, es sei denn, er beantragt dies, vgl. § 19 UStG. Keinesfalls darf dann aber Umsatzsteuer auf Rechnungen gesondert ausgewiesen werden, denn bei Ausweis der Umsatzsteuer ist sie stets an das Finanzamt abzuführen!
Wer meint, die Gefahr der Entdeckung häufiger Umsätze und nachhaltiger Verkaufstätigkeit bestehe nicht, täuscht sich. Nicht nur durch Kontrollmitteilungen unter den Finanzämtern bei steuerlicher Erfassung von Belegen auf Seiten der Käufer, sondern vor allem durch die Spähsoftware „Xpider“ werden die Vorgänge vom Bundeszentralamt für Steuern aufgedeckt. Auch die Angabe von Pseudonymen bei Verkäuferkonten bietet keinen Schutz vor Identifizierung der Person des Verkäufers.

Wird die Verkaufstätigkeit nachhaltig und „in großem Stil“ (hoher Umsatz, viele Waren) betrieben, ist nicht nur von einer steuerlichen Nachveranlagung auszugehen, regelmäßig kommt es dann auch zu Steuerstrafverfahren.

 

Wann darf das Finanzamt bei anderen Personen nachfragen?

Häufig wird berichtet, dass das Finanzamt durch Zufallsfunde oder gekaufte Informationen (z. B. „Steuer-CDs“) von relevanten Umständen Kenntnis erhält, die zu einer Änderung der Besteuerung führen. Es fragt sich allerdings, ob das Finanzamt derartige Informationen einfach direkt bei anderen Personen oder Firmen erkunden darf. Weiter stellt sich die Frage, was man gegen diese Ersuchen (vorbeugend oder nachträglich) tun kann.

Der Bundesfinanzhof hat in der Entscheidung vom 29.07.2015, Aktenzeichen X R 4/14 dazu wichtige Grundsätze erörtert:

1. Das Gesetz eröffnet den Finanzbehörden zwar die Möglichkeit, Auskünfte bei Dritten einzuholen. Ermittlungen „ins Blaue hinein“ sind jedoch unzulässig. Es bedarf eines Anfangsverdachts, der sich aus konkreten Hinweisen oder allgemeiner Erfahrung ergeben kann.

2. Die Veranlagungsstellen der Finanzämter sind nicht auf die Tätigkeit der Steuerfahndung bei der Ermittlung von Steuersachverhalten beschränkt. Vielmehr können Veranlagungsbeamte selbst geeignete Maßnahmen anordnen, z. B.  eine Außenprüfung oder Einzelermittlungen. Welches Mittel am zweckmäßigsten erscheint, können die Finanzämter frei entscheiden.

3. Geht es um die Aufdeckung steuererheblicher Tatsachen, können Auskunftsersuchen an andere Personen gestellt werden. Aber: Vor dem Auskunftsersuchen an Dritte ist im Regelfall der Steuerpflichtige selbst zu befragen. Ausnahmen können nur dann gelten, wenn davon auszugehen ist, dass er die Mitwirkung verweigert (z. B. durch vorherige Äußerungen), oder die Person des Beteiligten unbekannt ist.

4. Holt das Finanzamt eine Auskunft bei einem Dritten ein, obwohl es zunächst beim Steuerpflichtigen um Mitwirkung zur Aufklärung des Sachverhalts nachfragen hätte müssen, so kann er eine Fortsetzungsfeststellungsklage zur Feststellung der Rechtswidrigkeit beim Finanzgericht erheben.

 

Bei Bewertung dieser Grundsätze mag man zunächst fragen, was die Feststellung der Rechtswidrigkeit noch für einen Nutzen haben soll, wenn der Steuersachverhalt ja durch die Auskunft (der anderen Person) bereits erteilt wurde und ggf. die Besteuerung geändert wurde. Die Feststellung nützt aber in vielen Fällen: So können nicht nur Kosten der Steuerberatung und rechtlichen Beratung im Zusammenhang mit der Drittauskunft dem Finanzamt in einem Zivilprozess auferlegt werden, die bei direkter Auskunft durch den Steuerpflichtigen nicht entstanden wären. Insbesondere beim Vorwurf einer Steuerstraftat kann den Finanzbehörden entgegengehalten werden, die Tat sei vor Einholung der Auskunft bei einer anderen Person noch nicht entdeckt gewesen; hätte ein Auskunftsersuchen den Steuerpflichtigen direkt erreicht, so hätte er den Sachverhalt vollständig mit entsprechenden Angaben dargestellt, was einer strafbefreienden Selbstanzeige entspricht. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Auskunft von einem Dritten kann daher sogar zur Entlastung im Verfahren einer Steuerstraftat führen oder für eine Rehabilitation durch einen Zivilprozess wegen Schadensersatz führen.

Allgemein setzt die hier zitierte Entscheidung des Bundesfinanzhofs auch ein Zeichen für die Personen, welche Auskunftsersuchen des Finanzamts wegen Steuersachverhalten erhalten, bei denen es um die Besteuerung eines Dritten geht. Diese Personen haben an sich keine Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft. Handelt es sich bei dem vermeintlich Steuerpflichtigen um einen wichtigen Geschäftspartner, sollten sie ihn rasch über das Auskunftsersuchen informieren, damit sich ihm die Chance bietet, die Informationen selbst an das Finanzamt zu geben und Schlimmeres zu verhindern.