Schlagwort-Archive: Sorgerecht für Väter nichtehelicher Kinder gegen den Willen der Mutter: Bis auf weiteres nur über das Familiengericht!

Sorgerecht für Väter nichtehelicher Kinder gegen den Willen der Mutter: Bis auf weiteres nur über das Familiengericht!

Väter nichtehelicher Kinder können sich freuen, wenn sie Verantwortung und Pflichten für die wichtigen Fragen der Erziehung und Pflege eines Kindes mit übernehmen wollen. Das Bundesverfassungsgericht hatte am 21.07.2010 entschieden, dass Artikel 6 Grundgesetz (Recht auf Eltern und Familie) verletzt ist, wenn das Gesetz einen Vater von der elterlichen Sorge für das Kind ausschließt, insbesondere die Mutter dies allein bestimmen kann (Bundesverfassungsgericht FamRZ 2010, 1403 ff.). Seit dieser Entscheidung kann jeder vom Sorgerecht ausgeschlossene Vater eines Kindes aus nichtehelicher Verbindung zumindest die Bestimmung der gemeinsamen elterlichen Sorge durch Antrag beim Familiengericht versuchen durchzusetzen. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit zu erwarten ist, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl entspricht. Es kann auch die gemeinsame elterliche Sorge nur für bestimmte Teilbereiche beantragt oder zugesprochen werden, so z. B. schulische Erziehung, Religion, Aufenthalt, Vermögen. Mütter können versuchen, sich gegen den Antrag mit der Behauptung der Kindeswohlgefährdung zu wehren,  z. B. bei drohender körperlicher Misshandlung des Kindes durch den Vater, Kindesentführung in das Ausland etc.  In der Regel wird das Gericht bei ausreichend glaubhaft gemachten Bedenken gegen die gemeinsame elterliche Sorge ein Sachverständigengutachten in Auftrag geben. Das Verfahren kann ohne anwaltliche Vertretung betrieben werden, in der Regel empfiehlt sich jedoch allein wegen der verfahrensrechtlichen Tücken und zur Vermeidung von Verzögerungen die Beratung durch eine(n) Fachanwalt/Fachanwältin für Familienrecht.

Erste Entscheidungen der Gerichte aufgrund der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung liegen vor: So haben sich das Amtsgericht Düsseldorf  (252 F 277/10, ), das Amtsgericht Saarbrücken (40 F 69/11 SO) und das Kammergericht Berlin (16 UF 86/10) in den jeweiligen Einzelfällen für das gemeinsame Sorgerecht ausgesprochen.

Der Gesetzgeber hat bis heute noch nicht auf die geänderte Rechtslage reagiert. Allein das Bundesjustizministerium hat einen Kompromissvorschlag erarbeitet, nach dem die Mutter bei  Geburt des Kindes zunächst das alleinige Sorgerecht innehat, der Vater aber eine Sorgeerklärung abgeben kann. Wendet sich die Mutter dagegen nicht innerhalb von acht Wochen, so besteht dann die gemeinsame elterliche Sorge über das Kind. Bei Widerspruch der Mutter kann der Vater einen familiengerichtlichen Antrag zur Bestimmung der elterlichen Sorge stellen. Der Vorschlag des Ministeriums steht derzeit in der offenen politischen Diskussion der Parteien, der Ausgang ist ungewiss. Nach aktuell eingeholter  Auskunft beim Bundesjustizministerium ist auch zeitlich nicht absehbar, wann ein Gesetzentwurf zustandekommt.

Zusammenfassend kann derzeit nicht abgeschätzt werden, ob eine gesetzliche Regelung eingeführt wird, wenn ja, wann und mit welchen Regeln. Wer handeln will, muss einen Antrag vor dem Familiengericht stellen.