Darf der Unternehmer einen Investitionsabzugsbetrag nach §7g EStG nachträglich bilden?

§7g Einkommensteuergesetz (EStG) soll kleineren Unternehmen die Möglichkeit eröffnen, künftige Anschaffungs- und Herstellungskosten für ein abnutzbares bewegliches Wirtschaftsgut des Anlagevermögens in Höhe von bis zu 40 Prozent abzuziehen. Dabei muss die Anschaffung nicht im Jahr der erstmaligen Erklärung (Bezifferung der voraussichtlichen Höhe der Kosten und der Funktion des Wirtschaftsguts außerhalb der Bilanz) erfolgen, sondern auch noch innerhalb der darauffolgenden Wirtschaftsjahre. Dazu muss der Steuerpflichtige auch eine entsprechende „Absicht“ der Investition haben (so jedenfalls der von 2008 bis 2015 geltende Wortlaut). Wann kann man diese Absicht annehmen? Wer trägt hierfür die Feststellungslast (entspricht der Beweislast)? Interessanterweise vertreten die Finanzbehörden zu diesen Fragen eine andere Auffassung als die Finanzgerichte. Denn natürlich wollen die Finanzämter der Möglichkeit entgegentreten, dass ein Unternehmer im Rahmen einer Außenprüfung (Betriebsprüfung) festgestellte höhere Gewinne für Vorjahre noch durch Bildung und Erklärung eines Investitionsabzugsbetrags für ein zwischenzeitlich angeschafftes Wirtschaftsgut „nachträglich“ korrigiert. Ebenso könnten Steuerbescheide, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergehen, noch „nachträglich“ zugunsten des Steuerpflichtigen geändert werden, da es an einer formellen Bestandskraft der Bescheide fehlt. Nun hat der Bundesfinanzhof (BFH) in seiner Entscheidung vom 23.03.2016, IV R 9/14, klargestellt, dass der Zweck der Vorschrift, nämlich Stärkung von Liquidität, Innovations- und Investitionskraft der Unternehmen, auch die Zulassung einer nachträglichen Geltendmachung des Abzugsbetrags gebietet. Nach der Urteilsbegründung kann die Investitionsabsicht als „innere Tatsache“ nur anhand von äußeren Umständen geprüft werden. Wird dabei die Absicht mit einem später innerhalb des Investitionszeitraums angeschafften Wirtschaftsgut begründet, sind auch sonst keine Zweifel daran ersichtlich, so spricht dies laut BFH für den Nachweis der Absicht, und zwar auch dann, wenn es um eine Korrrektur des Gewinns aufgrund einer Außenprüfung geht (so im zu beurteilenden Fall). Die Feststellungslast trägt allerdings grundsätzlich der Unternehmer.

Zusammenfassend lässt sich aufgrund des Urteils des BFH für den Zeitraum der Jahre 2008 bis 2015 sagen, dass die Bildung Investitionsabzugsbetrags auch nachträglich zuzulassen ist, wenn die Absicht durch ein zwischenzeitlich angeschafftes Wirtschaftsgut nachgewiesen wird, auf dessen Anschaffungskosten sich der Abzugsbetrag bezieht. Eines Finanzierungszusammenhang bedarf es nicht. Sollte ein Finanzamt den nachträglichen Abzug nicht zulassen (die Finanzverwaltung wendet die zitierte Entscheidung des BFH nicht an), empfiehlt sich die Klärung vor dem Finanzgericht.

Für Abzugsbeträge ab 2016 ist die Rechtslage noch ungeklärt. Immerhin hat der Gesetzgeber in der ab Veranlagunsgszeitraum 2016 anzuwendenden Fassung die Voraussetzung der Absicht zur Investition gestrichen, was für einen Wegfall dieser „inneren Tatsache“ spricht. Letztlich bedarf es einer höchstrichterlichen Klärung und sind streitige Fälle bis dahin durch Rechtsmittel offen zu halten.