Archiv des Autors: RA Blaumer

Vermögensauseinandersetzung: die Steuerfalle beim Familienheim

Wie wichtig Kenntnisse aus verschiedenen Rechtsgebieten sein können, zeigt folgender – nicht ungewöhnlicher – Fall, bei dem Familienrecht und Steuerrecht gefragt sind:

 

M und F sind verheiratet, sie wohnen in einem Haus, welches M bei Eheschließung gekauft hat, er ist als Alleineigentümer eingetragen.  Die Eheleute nutzen das Haus zu eigenen Wohnzwecken. Nach acht Jahren trennt sich jedoch M von F und zieht aus. Er geht zum Rechtsanwalt für die Scheidung und die Vermögensauseinandersetzung, der dazu rät, von F wegen der Nutzung des Hauses eine Entschädigung geltendzumachen. M ist einverstanden und der Anwalt fordert eine monatliche Entschädigung in Höhe der hälftigen Marktmiete von F, welche die Forderung zur Streitvermeidung freiwillig entrichtet. Bei der Vermögensauseinandersetzung einigen sich die Eheleute darauf, dass das Haus verkauft wird, was aufgrund der hohen Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt zu einem sehr guten Preis schon nach wenigen Monaten gelingt.  Wo liegt das Problem?

Der Veräußerungsgewinn (Differenz zwischen Verkaufserlös und Anschaffungskosten) des Ehemanns für den Verkauf seines Miteigentumsanteils ist nach § 23 Absatz 1 Nr. 1 EStG einkommensteuerpflichtig. Die Immobilie wurde innerhalb von zehn Jahren angeschafft und veräußert. Zwar ist von der Besteuerung ausgenommen, wenn die Immobilie „im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken“ genutzt wurde. Eine ausschließliche „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ liegt aber nicht vor. Der Begriff definiert sich gemäß der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nach dem (außer Kraft getretenen) § 10e EStG und der (außer Kraft getretenen) Vorschrift des § 4 Eigenheimzulagengesetz, vgl. BFH v. 18.1.2006, IX R 18/03, BFH/NV 2006, 936; BMF v. 31.12.1994, IV B 3 – S 2225a – 294/94, BStBl I 1994, 887. Eine Wohnung wird im Regelfall dann zu eigenen Wohnzwecken genutzt, wenn der Eigentümer allein oder zusammen mit Familienangehörigen bzw. anderen in den Haushalt aufgenommenen Personen darin wohnt (BFH/NV 1998, 160;, BFHE 186, 271, BStBl II 1998, 563, , BFHE 196, 527, BStBl II 2002, 380). Schon dies ist aufgrund des Auszugs des Ehemanns (Eigentümer) nicht der Fall.

 

Fallvariante: Wie Sachverhalt oben, aber die Ehefrau zahlt keine Nutzungsentschädigung an den Mann.

Lösung wie oben, da mit dem Auszug des Ehemanns keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken mehr vorliegt.

 

Fallvariante: F ist hälftige Miteigentümerin und erhält mit Verkauf den hälftigen Erlös.

Bezüglich des Anteils von M bleibt es bei der Besteuerung des Veräußerungsgewinns, da er ausgezogen ist.  Wenn F aber bis zum Verkauf die Immobilie bewohnt, wird ihr Anteil nicht besteuert. Indirekt kann sie aber aufgrund der Steuerschuld des Ehemanns auch einen Nachteil erleiden, wenn die Steuern vor Scheidungsantrag fällig werden und der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft besteht. Dann mindert die Forderung des Finanzamts den Zugewinn des Ehemanns, was zu einer Reduzierung oder den völligen Wegfall einer vorher bestehenden Forderung des Zugewinnausgleichs der Ehefrau führen kann.

 

Fallvariante: wie vorige Variante, aber die Eheleute haben ein acht Jahre altes gemeinsames Kind K, das bis zum Verkauf mit F gemeinsam im Haus wohnt.

Auch der Umstand, dass K nach Auszug von M in dem Haus weiter wohnt, ändert nichts an der Steuerbarkeit des Veräußerungsgewinns für den hälftigen Miteigentumsanteil von M. Zwar kann die alleinige Überlassung der Wohnung an ein Kind im Sinne von § 32 EStG als Nutzung zu eigenen Wohnzwecken angesehen werden, vgl. BFH v. 26.1.1994, X R 94/91, BStBl II 1994, 544; BMF v. 5.10.2000, IV C 3 – S 2256 – 263/00, BStBl I 2000, 1383. Hier bewohnt aber auch die Ehefrau das Haus weiterhin. Wichtig: Der Gedanke aus § 4 Satz 2 Eigenheimzulagengesetz, dass eine unentgeltliche Überlassung der Wohnung an Angehörige (z. B. Ehegatte) im Sinne von § 15 AO auch eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken darstellt, ist auf §  23 EStG nicht anwendbar.

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Fallvariante: Die Eheleute ziehen beide mit Trennung aus und überlassen das Haus dem gemeinsamen 20 Jahre alten Kind V zur alleinigen Nutzung, das zur Zeit studiert.

Dies würde nur dann die Besteuerung des Veräußerungsgewinns verhindern, wenn V durchgehend nicht nur im Jahr der Veräußerung, sondern bereits in den beiden vorangegangenen Jahren die Wohnung zur alleinigen Nutzung erhalten hätte, vgl. § 23 Absatz 1, Nr. 1, Satz 3, 2. Alternative EStG. Daneben durfte die Voraussetzungen der unentgeltlichen Überlassung an ein Kind im Sinne von § 32 EStG in diesem Zeitraum nicht unterbrochen werden, sei es durch eine Vermietung, sei es durch Beendigung des Studiums und Wegfall der Kindergeldberechtigung. Diese Frage der  „Ausschließlichkeit“ sollte zwar in einem Revisionsverfahren des BFH, Az. IX R 15/16, geprüft werden, die Revision wurde jedoch als unzulässig verworfen, es bleibt bei der hier dargestellten bisherigen Auffassung der herrschenden Meinung, Rechtsprechung und Finanzverwaltung.

 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bei Auszug einer Ehegatten und (Mit-) Eigentümers sowie Verkaufsabsicht stets die Frage der Steuerpflicht des Veräußerungsgewinns geprüft werden muss. Im Zweifel sollte alles versucht werden, die Immobilie erst nach Ablauf der Zehn-Jahres-Frist seit Anschaffung zum Verkauf anzubieten.

 

 

Der Kindesunterhalt beim Wechselmodell

Da Eltern immer häufiger sich darauf verständigen, dass das Kind genauso viel Zeit beim Vater wie bei der Mutter verbringen soll, im übrigen der Bundesgerichtshof erst kürzlich entschieden hat, dass die gerichtliche Anordnung dieses Wechselmodells auch gegen den Willen eines Elternteils unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist (BGH XII ZB 601/15 ), erhält die Frage des Unterhalts in diesen Fällen eine größere praktische Bedeutung. Wird überhaupt noch Unterhalt in Geld (Barunterhalt) geschuldet? Wenn ja, wie wird er bei in etwas gleicher Betreuungsleistung beider Eltern berechnet? Mit diesen Fragen hat sich das höchste deutsche Zivilgericht nun auch imn Beschluss vom 11.01.2017 (Aktenzeichen XII ZB 565/15) befasst:

Zunächst stellt der BGH fest, dass beide Eltern Barunterhalt schulden und sich nicht darauf berufen können, Unterhalt werde allein durch Betreuung  (sogenannter Naturalunterhalt) bereits vollständig erbracht. Ansonsten werde das schlechter verdienende Elternteil automatisch benachteiligt. Auch eine stillschweigende Abrede im Sinne einer gegenseitigen Freistellung von Unterhalt könne nicht in der Vereinbarung der gleich verteilten Kindesbetreuung gesehen werden.

Zur Ermittlung des Unterhaltsbedarfs sind nach der Entscheidung des Gerichts beide Einkommen der Eltern zu addieren; der übliche Bedarf (Regelbedarf) kann dann aus der Unterhaltstabelle ersehen werden. Zu berücksichtigen sind aber auch die zu tragenden besonderen Mehrkosten (Mehrbedarf) für das Kind.

In dem entschiedenen Fall wurde allerdings für die Kindesmutter ein höheres Einkommen zugerechnet, als sie aufgrund einer Teilzeittätigkeit tatsächlich verdiente, da die Vollzeittätigkeit dem Gericht nach einer gewissen Übergangszeit zumutbar erschien.

Mehrbedarf: Fahrtkosten eines Kinds, um Schule bzw. Kindergarten zu erreichen, bezeichnete das Gericht als typischen Mehrbedarf. Hingegen konnten bezüglich der Kinderbetreuung durch einen Großvater nur dessen Fahrtkosten auf der jeweiligen elterlichen Einkommensseite mindernd berücksichtigt werden, aber nicht etwa eine Vergütung des Großvaters für seine insoweit geleisteten Dienste.

Sehr schwierig ist die Frage, ob ein Elternteil Mehrbedarf für die auf das Kind entfallenden Wohnmehrkosten geltendmachen kann. Nach der Unterhaltstabelle werden jedenfalls regelmäßig 20 Prozent der Regelunterhalts als (mit dem Regelunterhalt abgedeckter) Wohnbedarf angesehen, also könntes danach nur die übersteigenden Kosten Mehrbedarf sein. Die Antwort soll von den Umständen des Einzelfalls abhängen, nicht allein vom Einkommen des Elternteils. Wurden zum Beispiel Wohnkosten bereits bei der Ermittlung des (einkommensgleichen) Wohnvorteils des Elternteils aufgrund seiner Mietersparnis (z. B. Wohneigentum) berücksichtigt, können diese Wohnkosten nicht erneut beim Kind sich auswirken.

Auch Kosten für Musikschule und Tanzunterricht eines Kinds können Mehrbedarf sein; letztlich bedarf es aber einer tatrichterlichen genauen Bewertung, inwieweit der Bedarf notwendig oder auch noch durch den Regelunterhalt gedeckt erscheint.

Das Kindergeld wird bei der Berechnung des Kindesunterhalts in hälftiger Höhe bei jedem Elternteil in Abzug gebracht. Es kann daher auch in dieser Höhe vom Zahlbetrag des zum Unterhalt verpflichteten Elternteils abgezogen werden.

Wie der Unterhalt beim Wechselmodell berechnet wird, sei an einem vereinfachten Beispiel dargestellt:

M und V betreuen das Kind K ( 10 Jahre) zu in etwa gleich langen Zeitabschnitten. V verdient nach allen Abzügen 3000 EUR in Vollzeit, M 2000 EUR. Der Mehrbedarf von K beträgt insgesamt 300 EUR. Das Kindergeld in Höhe von 194 EUR erhält M. Berechnung nach der Düsseldorfer Tabelle und den Anmerkungen zum Stand 01.01.2017  :

Gesamteinkommen Eltern:          5000 EUR

Tabellenunterhalt K Gehaltsgruppe 10 (Höherstufung wg. nur einer Unterhaltspflicht)

Altersgruppe 2:                               629 EUR

zzgl. Mehrbedarf:                           300 EUR

abzgl. hälft. Kindergeld:                    96 EUR

ergibt Bedarf                                   833 EUR

 

Verfügbare Elterneinkommen (über Selbstbehalt 1300 EUR):

V                                                    1700 EUR

M                                                      700 EUR

Haftungsanteil V beim Unterhalt:

833 x 1700 / (1700 + 700)               590 EUR

Haftungsanteil M beim Unterhalt:

833 x 700 / (1700 + 700)                 243 EUR

 

Die Differenz der Unterhaltspflichten ist der von einem Elternteil an den anderen Elternteil auszugleichende Unterhalt. Im obigen Fall hätte V 347 EUR (590 ./. 243) an M auszugleichen, wenn der Mehrbedarf zwischen den Eltern genau hälftig mit jeweils 150 EUR aufgeteilt wird. Zahlt hingegen V bereits 200 EUR Mehrbedarf, so kann er den Unterhaltsausgleich um 50 EUR auf 193 EUR kürzen. Zahlt er den gesamten Mehrbedarf von 300 EUR, so erhält M von V nur noch den um 150 EUR gekürzten Ausgleich von 93 EUR. Zahlt M einen höheren Anteil am Mehrbedarf, so erhöht sich der Unterhaltsausgleich um den  Betrag, der die Hälfte des Mehrbedarfs übersteigt.

 

Allgemein gilt, dass diese Berechnung nicht formelhaft für alle Fälle angewendet werden darf, da die Besonderheiten des Einzelfalls immer zu beachten sind, so z. B. ein geringes oder ein sehr hohes Einkommen. Das Wechselmodell ist schon deswegen kompliziert, weil bei gemeinsamer elterlicher Sorge ein Elternteil zur  Geltendmachung von Kindesunterhalt erst einmal die Befugnis gerichtlich übertragen erhalten muss. Auch sind familienrechtliche Ausgleichsansprüche beim Kindergeld denkbar, vgl. BGH XII ZB 45/15. Daher empfiehlt sich eine verbindliche juristische Beratung, die insbesondere alle Aspekte der aktuellen Rechtsprechung einbezieht. Nicht zuletzt beugt die Beratung einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit all ihren Risiken vor und zeigt den Weg für einvernehmliche Regelungen auf.

Neues zur Unwirksamkeit von Eheverträgen

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer weiteren Entscheidung vom 15.03.2017 mit dem Aktenzeichen XII ZB 109/16 dargelegt, unter welchen Voraussetzungen die Vereinbarung von Eheleuten zu den Scheidungsfolgen als unwirksam anzusehen sind. Der Richterspruch ist deswegen von besonderer Bedeutung, da im zu beurteilenden Fall nicht der Ausschluss oder die Einschränkung von bestimmten Rechten bei den Scheidungsfolgen an sich zur Unwirksamkeit führt, sondern besondere Umstände der „subjektiven Imparität“, also der Ausnutzung einer Zwangslage eines Ehegatten, wie z. B. seine intellektuelle Unterlegenheit oder seine wirtschaftliche bzw. soziale Abhängigkeit. Der Sachverhalt: Die seit 1993 verheirateten Beteiligten schlossen kurz nach Geburt einer Tochter 1995 einen Ehevertrag, in dem sie folgendes vereinbarten: Gegenseitiger Ausschluss von Ehegattenunterhalt einschließlich Krankenunterhalt, ausgenommen Unterhalt für die Dauer der Betreuung eines gemeinsamen Kindes (höchstens aber bis zum 18. Lebensjahr des Kindes); Begrenzung des Unterhalts auf höchstens 3.000 DM monatlich; gegenseitiger Ausschluss des Versorgungsausgleichs und des Zugewinnausgleichs. Nach den Feststellungen des Vorinstanzen war allerdings „Hintergrund“, dass die Mutter des Ehemanns die Übertragung von Geschäftsanteilen an ihrem Unternehmen auf ihren Sohn (Ehemann) von dem Zustandekommen des Ehevertrags abhängig machte. Dies ergab sich aus einer Aussage des Ehemanns und dem Umstand, dass seine Mutter unmittelbar nach Abschluss des Vertrags die Anteile und zu einem späteren Zeitpunkt auch noch weitere Anteile auf ihn übertrug. Die Ehefrau arbeitete während der Ehe in dem Familienbetrieb als Sekretärin in Teilzeit. 1997 wurde bei ihr Multiple Sklerose diagnostiziert, seit 2008 bezieht sie aufgrund der Erkrankung nur noch eine Erwerbsminderungsrente von 777 EUR.

Der BGH erörtert, dass aufgrund seiner bisherigen Rechtsprechung weder die einzelnen vertraglichen Beschränkungen der Rechte der Ehefrau in der isolierten Betrachtung noch das Gesamtbild aller Bestimmungen des Vertrags die Annahme der Unwirksamkeit rechtfertigen. Für den Ausschluss des Versorgungsausgleichs war dies im Urteilsfall schon deswegen anzunehmen, weil die Ehefrau höhere Anwartschaften erworben hatte als der Ehemann, also von der Vereinbarung in diesem Punkt profitierte. Beim Ausschluss des Zugewinnausgleichs betont der BGH, dass diese Vereinbarung selbst dann als zulässig betrachtet werden muss, wenn absehbar ist, dass ein Ehegatte sich aus dem Erwerbsleben zurückziehen wird und ihm eine Versorgungslücke entstehen wird; denn der Schutz der Interessen des erwerbstätigen Ehegatten gerade bei Führung eines eigenen Betriebs muss durch einen Wechsel des Güterstands und Vereinbarung der Gütertrennung Vorrang haben. Auch der Ausschluss des nachehelichen Unterhalts wurde für sich genommen wirksam vereinbart, denn bei Abschluss des Vertrags war die Erkrankung der Ehefrau noch nicht absehbar.

Die objektiv feststellbare Lastenverteilung des Vertrags zum Nachteil der Ehefrau bestätigt der BGH, betont aber, dass allein dies nur Indiz für eine Sittenwidrigkeit sein kann, es bedarf „verstärkender Umstände“, die auf eine subjektive Imparität (Ausnutzung der Zwangslage) hindeuten. Letztlich waren aber laut BGH deutliche Umstände erkennbar, wie die Nichteinbindung in die Verhandlungen der Verwandten des Ehemanns zur Unternehmensübertragung, die Belastung der Ehefrau mit der Betreuung des gerade geborenen Kindes, oder auch die Umwandlung des Unternehmens der Mutter des Ehemanns, was ebenso im gleichen notariellen Beurkundungstermin stattfand. Die Ehefrau wollte daher aufgrund ihrer deutlich schwächeren Position den Notartermin nur schnell abgewickelt wissen. Die Vereinbarung des Ausschlusses des nachehelichen Unterhalts war daher aus diesen Gründen unwirksam, die Ehefrau erhielt (in Bestätigung der Vorinstanz) für sechs Jahre Unterhalt nach einem bestimmten konkreten Bedarf und danach für die weitere Zeit in Höhe eines sogenannten eheangemessenen Selbstbehalts abzüglich ihrer eigenen Einkünfte.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass Eheverträge keineswegs aufgrund Ausschlusses erheblicher Rechte eines Ehegatten für den Fall der Scheidung an sich schon unwirksam sein müssen. Aber selbst in Fällen, bei denen die Rechte differenziert (z. B. durch Gewährung von Betreuungsunterhalt) vereinbart werden und nicht durch einen „Totalausschluss“, können äußere Umstände die objektive und subjektive Imparität bestätigen und zur Unwirksamkeit führen. Den Streit darüber wird man nur durch faire Verhandlungen vor Beurkundung und entsprechende Dokumentation ( idealerweise Belehrungen und Besprechungsprotokolle des Rechtsanwalts oder Notars) vermeiden können.

 

Häusliches Arbeitszimmer bei Selbstständigen

Der Bundesfinanzhof hat in seiner Entscheidung vom 22.02.2017 (Aktenzeichen III R 9/16) sich mit der Frage auseinandergesetzt, wann selbstständige Unternehmer neben dem von ihnen eingerichteten und unterhaltenen Arbeitsräumen zusätzlich die Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers gewinnmindernd geltend machen können. Im Gesetz heißt es hierzu, dass u.a. folgende Ausgaben den Gewinn nicht mindern dürfen (§ 4 Absatz 5 Nr. 6b EStG): „Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung.“ Weiter sagt die Vorschrift: „Dies gilt nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 Euro begrenzt.“ Und schließlich: „Die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet“. Immerhin lässt sich aus dem letzten Satz schließen, dass bei ganz überwiegender Ausübung der selbstständigen Erwerbstätigkeit vom häuslichen Arbeitszimmer aus die Kosten hierfür steuermindernd ohne Einschränkung abgezogen werden können. Wie steht es aber um den Selbstständigen, der neben seinem Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit (Büro, Praxis, Werkstatt etc.) zuhause in einem Zimmer arbeitet? Wann steht ihm „kein anderer Arbeitsplatz“ als das häusliche Arbeitszimmer zur Verfügung? Im Urteilsfall ging es um einen Logopäden, der an zwei Orten Praxisräume mit insgesamt vier Angestellten betrieb. Er gab an, er könne dort nicht bestimmte Büro- und Verwaltungsarbeiten erledigen, da die vorhandenen Tische und übrige Einrichtung ausschließlich zur Behandlung der Patienten verwendet werden könnten, im übrigen ein Zugriff der Mitarbeiter auf vertrauliche Daten möglich sei, wenn die verwaltungstechnischen Arbeiten in den Praxisräumen erledigt werden würden. Zudem seien die Verwaltungsarbeiten nach Dienstschluss außerhalb der Praxisöffnungszeiten nicht zumutbar. Das Finanzamt lehnte den Abzug der Kosten für das häusliche Arbeitszimmer ab, die Arbeiten hätten auch in der Praxis erledigt werden können, die ausreichend ausgestattet sei. Dagegen wandte sich der Steuerpflichtige mit Klage und erhielt Recht, er konnte also jährlich bis zu 1.250 EUR Kosten für das häusliche Arbeitszimmer abziehen. Der BFH bestätigte die Entscheidung des Finanzgerichts damit, dass allein das Vorhandensein eines Tischs in der Praxis nicht genüge, um die Verwaltungsarbeiten dort zuzumuten. Es sei auch auf die Tätigkeit außerhalb der Praxis, deren Größe, Ausstattung, die Zahl der Mitarbeiter, aber auch die Vertraulichkeit der Arbeiten abzustellen. Im Zusammenhang mit früheren Entscheidungen betont der BFH, dass es dem Steuerpflichtigen nicht immer zumutbar ist, Unterlagen und Geschäftspapiere in seine Arbeitsräume (hier Praxis) zu verbringen und dort zu bearbeiten.
Zusammenfassend lässt sich für einige in selbstständiger Tätigkeit ausgeübten Berufe der Schluss ziehen, dass bei beengten räumlichen Verhältnissen, Einsatz von Mitarbeitern und Vertraulichkeit der zu bearbeitenden Geschäftspapiere der Abzug der Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers (zusätzlich) gerechtfertigt erscheint. Insbesondere bei medizinischer oder handwerklicher Tätigkeit werden die Raume typischerweise nicht immer für Büroverwaltungsarbeiten geeignet sein. Natürlich sollte man auch auf eine entsprechende Trennung der Einrichtung achten, wenn die Kosten des häuslichen Arbeitszimmers in Abzug gebracht werden. Ob allerdings ein Arzt, Anwalt oder Steuerberater aufgrund dieser Rechtsprechung u.a. mit der Begründung, er müsse auch seine Unterlagen vertraulich unter Ausschluss der Mitarbeiter zuhause bearbeiten, den Abzug erreichen kann, bleibt fragwürdig. Ebenso offen und klärungsbedürftig erscheint die Frage in Fällen, in denen die Arbeitsräume keine ausreichende technische Ausstattung (Computer) oder keinen Internetanschluss vorsehen und daher zuhause gearbeitet werden muss.

Familiengericht darf gleiche Umgangszeiten des Kinds bei Mutter und Vater anordnen

Die Frage des Rechts auf ein sogenanntes Wechselmodell ist ein „Dauerbrenner“ im Kindschaftsrecht. Es geht darum, ob es einen Anspruch eines Elternteils bei räumlicher Trennung der Eltern gibt, dass das Kind gleich lange bei Mutter und Vater sich aufhält. Eine verbreitete Rechtsmeinung geht dabei davon aus, dass die gerichtliche Anordnung vom Gesetz nicht vorgesehen ist und aufgrund einer erforderlichen Einigkeit der Eltern nicht angeordnet werden könne. Dem hat der Bundesgerichtshof (BGH) in seiner Entscheidung vom 01.02.2017, Aktenzeichen XII ZB 601/15, widersprochen: Ein Gericht könne durchaus das paritätische Wechselmodell anordnen, selbst wenn sich ein Elternteil dagegen ausspreche. Denn allein entscheidendes Kriterium sei das Kindeswohl. Der BGH stellt auch klar, dass ein Familiengericht nicht einfach einen derartigen Antrag auf Umgangsrecht abweisen darf, sondern zumindest das Umgangsrecht so aussprechen muss, wie es für das Kindewohl erforderlich ist. Da das Gesetz keine maximale Grenze der Umgangszeiten vorsehe, könnten auch gleich lange Umgangszeiten des Kindes bei jedem Elternteil gerichtlich bestimmt werden. Auch ein Streit der Eltern über den Lebensmittelpunkt des Kindes (Aufenthaltsbestimmungsrecht als Teil des Sorgerechts) stehe dem nicht entgegen, oder Fragen zum Kindesunterhalt wie z. B. das Recht auf Geltendmachung des Unterhalts oder die anteilige Verteilung des Unterhalts auf beide Eltern. Zur Frage der Kriterien, nach denen das Kindeswohl geprüft werden muss, gibt der BGH Anhaltspunkte: Es soll eine „auf sicherer Bindung beruhende Verbindung des Kinds zu beiden Elternteilen“ bestehen. „Äußere Rahmenbedingungen“ (Nähe der elterlichen Haushalte zum Erreichen von Schule, Betreuungseinrichtung etc.) sollten vorliegen. Es „sollten beide Eltern hinreichende Erziehungskompetenzen aufweisen und erkannt haben, dass eine kontinuierliche und verlässliche Kindererziehung der elterlichen Kooperation und eines Grundkonsenses in wesentlichen Erziehungsfragen bedarf“. Bei „bestehender hoher elterlicher Konfliktbelastung“ komme das Wechselmodell regelmäßig nicht in Betracht. Die Notwendigkeit der Anhörung des Kindes im Verfahren betont der BGH ausdrücklich, insbesondere gelte dies zwingend für Kinder ab 14 Jahren, aber auch für jüngere Kinder. Letztlich überlässt der BGH aber die Beurteilung der Umstände dem „Tatrichter“ (also dem Amtsgericht, in der Bechwerde dem Oberlandesgericht), es müssen nur ausreichend sorgfältige Ermittlungen (ggf. mit Sachverständigengutachten) geführt werden.
Zusammenfassend kann ein Elternteil dem Wechselmodell nicht mehr die fehlende Möglichkeit der gerichtlichen Anordnung entgegenhalten. Dies könnte allerdings dazu führen, dass von dem das Wechselmodell ablehnenden Elternteil rechtsmißbräuchlich versucht wird, Konflikte zu provozieren oder die „Flucht nach vorn“ z. B. durch Änderung des Aufenthalts mittels Umzug zu ergreifen. Wer das versucht, sollte immerhin gewarnt sein, denn das rechtsmissbräuchliche Verhalten könnte vom Gericht durchaus aufgedeckt werden und sogar zum Entzug des Sorgerechts führen.

Kann man Kosten einer betrieblichen Geburtstagsfeier bei der Steuer abziehen?

Für die Beurteilung der Frage, ob Kosten einer Feier in dem beruflichen Bereich steuermindernd berücksichtigt werden können, gilt grundsätzlich das erhebliche Indiz des Anlasses für die Feier. Liegt der Anlass im privaten Bereich, so z. B. bei einer Geburtstagsfeier des Arbeitnehmers, scheidet regelmäßig die Annahme von steuermindernden Werbungskosten aus. Der Anlass ist laut einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 10.11.2016, VI R 7/16, nicht das allein bestimmende Kriterium. Im Urteilsfall hatte der Kläger als Geschäftsführer einer GmbH zur Feier seines 60. Geburtstags alle Mitarbeiter und den Aufsichtsratsvorsitzenden an einem Werktag zu einer üblichen Arbeitszeit eingeladen (Kosten je Mitarbeiter ca. 35 EUR). Die Miitarbeiter erschienen teilweise in Arbeitskleidung. Die Kosten für diese Veranstaltung setzte der Kläger als Werbungskosten an. Er feierte daneben auch noch privat mit erheblich höheren Kosten. Der BFH ließ hier den steuerlichen Abzug zu. Dies sei dann möglich, wenn die Feier nicht der repräsentativen Erfüllung gesellschaftlicher Konventionen, sondern dem kollegialen Miteinander und der Pflege des Betriebsklimas diene. Der BFH sah im Urteilsfall maßgebende Kriterien darin, dass nur Mitarbeiter feierten (keine Presse oder unternehmensfremde Personen), teilweise die Gäste auch nur Arbeitskleidung trugen, die Kosten und der Rahmen (Bierzelt) der Feier maßvoll waren, sie während der Arbeitszeit stattfand, und der Kläger daneben (abgrenzbar) andere private Feiern veranstaltete. Hingegen war nicht entscheidend, dass der Arbeitgeber des Klägers nicht eingeladen hatte.
Die Entscheidung zeigt, dass bei einer streng betriebsintern geführten Veranstaltung sogar der private Anlass (Geburtstag) bei der Beurteilung der steuerlichen Abzugsfähigkeit zurücktreten kann. Es bedarf aber einiger äußerlich wahrnehmbarer Merkmale und einer entsprechenden Dokumentation. Die Finanzämter dürften nämlich weiterhin nur sehr eingeschränkt den Werbungskostenabzug anerkennen, daher müssen die tatsächlichen Umstände zur Beurteilung im Finanzgerichtsprozess lückenlos nachgewiesen werden.

Verlangt das Finanzamt zu hohe Zinsen?

Immer wieder taucht die Frage auf, ob der nach § 238 Abgabenordnung (AO) bestimmte Zinssatz von 6 Prozent bei der zur Zeit gegebenen Niedrigzinsphase noch gerechtfertigt ist. Besonders ärgerlich sind die festgesetzten Zinsen dann, wenn sie – wie in der Regel – dem Umstand geschuldet sind, dass das Finanzamt viel Zeit zur Bearbeitung der Steuererklärung benötigt. Zuletzt hatte allerdings der Bundesfinanzhof die gesetzliche Zinshöhe nicht beanstandet (Urteil vom 14.04.2015, IX R 5/14, BFH/NV 2015,1329. Er begründete dies mit der Vergleichbarkeit des Zinsfusses von nicht gesicherten Geschäfts- und Privatkrediten. Da der zu beurteilende Sachverhalt aber einige Jahre zurück liegt, zwischenzeitlich die Zinsen weiter gefallen sind, fragt sich, ob diese Rechtsprechung noch Bestand haben wird. Aktuell gibt es ein Verfahren vor dem Finanzgericht Münster unter dem Aktenzeichen 10 K 2472/16 E, in dem es auch um die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Zinsen geht. Wer sich gegen festgesetzte Zinsen im Steuerbescheid wehren will, sollte fristgemäß Einspruch dagegen einlegen und sich auf das Verfahren vor dem FG Münster berufen.

Darf der Unternehmer einen Investitionsabzugsbetrag nach §7g EStG nachträglich bilden?

§7g Einkommensteuergesetz (EStG) soll kleineren Unternehmen die Möglichkeit eröffnen, künftige Anschaffungs- und Herstellungskosten für ein abnutzbares bewegliches Wirtschaftsgut des Anlagevermögens in Höhe von bis zu 40 Prozent abzuziehen. Dabei muss die Anschaffung nicht im Jahr der erstmaligen Erklärung (Bezifferung der voraussichtlichen Höhe der Kosten und der Funktion des Wirtschaftsguts außerhalb der Bilanz) erfolgen, sondern auch noch innerhalb der darauffolgenden Wirtschaftsjahre. Dazu muss der Steuerpflichtige auch eine entsprechende „Absicht“ der Investition haben (so jedenfalls der von 2008 bis 2015 geltende Wortlaut). Wann kann man diese Absicht annehmen? Wer trägt hierfür die Feststellungslast (entspricht der Beweislast)? Interessanterweise vertreten die Finanzbehörden zu diesen Fragen eine andere Auffassung als die Finanzgerichte. Denn natürlich wollen die Finanzämter der Möglichkeit entgegentreten, dass ein Unternehmer im Rahmen einer Außenprüfung (Betriebsprüfung) festgestellte höhere Gewinne für Vorjahre noch durch Bildung und Erklärung eines Investitionsabzugsbetrags für ein zwischenzeitlich angeschafftes Wirtschaftsgut „nachträglich“ korrigiert. Ebenso könnten Steuerbescheide, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergehen, noch „nachträglich“ zugunsten des Steuerpflichtigen geändert werden, da es an einer formellen Bestandskraft der Bescheide fehlt. Nun hat der Bundesfinanzhof (BFH) in seiner Entscheidung vom 23.03.2016, IV R 9/14, klargestellt, dass der Zweck der Vorschrift, nämlich Stärkung von Liquidität, Innovations- und Investitionskraft der Unternehmen, auch die Zulassung einer nachträglichen Geltendmachung des Abzugsbetrags gebietet. Nach der Urteilsbegründung kann die Investitionsabsicht als „innere Tatsache“ nur anhand von äußeren Umständen geprüft werden. Wird dabei die Absicht mit einem später innerhalb des Investitionszeitraums angeschafften Wirtschaftsgut begründet, sind auch sonst keine Zweifel daran ersichtlich, so spricht dies laut BFH für den Nachweis der Absicht, und zwar auch dann, wenn es um eine Korrrektur des Gewinns aufgrund einer Außenprüfung geht (so im zu beurteilenden Fall). Die Feststellungslast trägt allerdings grundsätzlich der Unternehmer.

Zusammenfassend lässt sich aufgrund des Urteils des BFH für den Zeitraum der Jahre 2008 bis 2015 sagen, dass die Bildung Investitionsabzugsbetrags auch nachträglich zuzulassen ist, wenn die Absicht durch ein zwischenzeitlich angeschafftes Wirtschaftsgut nachgewiesen wird, auf dessen Anschaffungskosten sich der Abzugsbetrag bezieht. Eines Finanzierungszusammenhang bedarf es nicht. Sollte ein Finanzamt den nachträglichen Abzug nicht zulassen (die Finanzverwaltung wendet die zitierte Entscheidung des BFH nicht an), empfiehlt sich die Klärung vor dem Finanzgericht.

Für Abzugsbeträge ab 2016 ist die Rechtslage noch ungeklärt. Immerhin hat der Gesetzgeber in der ab Veranlagunsgszeitraum 2016 anzuwendenden Fassung die Voraussetzung der Absicht zur Investition gestrichen, was für einen Wegfall dieser „inneren Tatsache“ spricht. Letztlich bedarf es einer höchstrichterlichen Klärung und sind streitige Fälle bis dahin durch Rechtsmittel offen zu halten.

Steuerfalle bei Freiberuflern: Selbständig arbeitendes nicht überwachtes Personal

In Praxen von Ärzten und Zahnärzten, in Steuerberater- und Anwaltskanzleien, aber auch bei Unternehmensberatern sowie kreativen Berufen gehört es zum gewöhnlichen Bild, dass die Partner sich geschulten Personals bedienen, um bestimmte Aufgaben im Arbeitsablauf erledigen zu lassen. Bekanntlich schulden die Freiberufler grundsätzlich keine Gewerbesteuer, da sie keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen, sondern Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit gemäß § 18 EStG erzielen. Dies kann aber anders aussehen, wenn das helfende Personal so weitreichend eigenständig arbeitet, dass der Freiberufler nicht mehr die Tätigkeit überwacht bzw. ihr „seinen eigenen Stempel aufdrückt“. Dann erfolgt eine Umqualifizierung in Einkünfte aus Gewerbebetrieb, was insbesondere Gewerbesteuerpflicht auslöst. Im einzelnen äußert sich hierzu der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 03.11.2016 , Az. VIII R 62/13, BStBl II 2016, 381. Die Richter betonen in dieser Entscheidung, dass gemäß Gesetzeswortlaut der Freiberufler auch bei Mithilfe von Personal leitend und eigenverantwortlich tätig sein muss. Im zu beurteilenden Fall wurde eine Ärztin mit einem Praxisanteil von Null in eine Ärztegemeinschaft aufgenommen. Die Ärztin hatte zwar eine Option auf eine Beteiligung von einem Drittel, übte sie aber nicht aus. Ihr Gewinnanteil betrug allein 37 Prozent der von ihr erwirschafteten Honorare. Ein Abfindungsanspruch bei Ausscheiden bestand nicht. Auf dieser Basis behandelte die Ärztin eigenständig Patienten der Praxisgemeinschaft. Der BFH bestätigte die Auffassung der Finanzverwaltung, dass die Ärztin nicht Teilhaberin der Gemeinschaft ist und aufgrund der eigenständigen Tätigkeit der Berufsträgerin die Praxisgemeinschaft gewerbliche Einkünfte erzielt, daher gewerbesteuerpflichtig ist.
Hinweise und Tipps: Der Nachteil der Gewerbesteuerpflicht wirkt sich bei Praxisgemeinschaften besonders nachteilhaft aus, da schon die eigenverantwortliche Tätigkeit in einem bestimmten Fachgebiet oder Teilbereich ohne Überwachung und Leitung eines beteiligten Partners sämtliche Einkünfte der Praxisgemeinschaft „infiziert“ (Abfärbetheorie nach § 15 Absatz 3 Nr. 1 EStG). Andererseits muss aber bei einer kontrollierten Mithilfe darauf geachtet werden, dass die Weisungsbefugnis nicht überstrapaziert wird, sonst ist eine nichtselbstständige Tätigkeit mit Haftung des Arbeitgebers hinsichtlich Lohnsteuern und Sozialversicherungen anzunehmen.
Entscheidet sich jedenfalls der Freiberufler für die Unterstützung durch einen Selbstständigen (z.B. Subunternehmer), so muss er die Arbeitsabläufe so organisieren, dass für jede übernommene Tätigkeit der helfenden Person daneben die leitende und aufgrund eigener Fachkenntnisse eigenständige Tätigkeit des Freiberuflers dokumentiert ist. Dies kann bei Ärzten z.B. durch das  Aufnahmegespräch oder wichtige Behandlungsentscheidungen geschehen. Bei rechts- und steuerberatender Tätikeit wäre eine Dokumentation durch Zeichnung der Schriftsätze möglich. Ebenso wichtig ist es, auch für Zeiten der Abwesenheit des Freiberuflers (Urlaub, Krankheit) die Kontrolle durch Vertretung zu organisieren und alle Nachweise für den Fall der Außenprüfung aufzubewahren.

Erbschaftsteuer: Abfindung im Erbrechtsstreit ist abzugsfähig

Der Bundesfinanzhof hat in einer Entscheidung vom 15.06.2016 (II R 24/15)klargestellt, dass eine Abfindung im Rechtsstreit um die Frage, wer Erbe ist, bei der Erbschaftsteuer als Erwerbskosten nach § 10 Absatz 5 Nr. 3 Erbschaft- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG) in Abzug gebracht werden darf. Ein Ehepaar und ein Finanzberater stritten sich vor dem Nachlassgericht darum, wer die Mutter der Ehefrau beerbte, es lagen mehrere Verfügungen der Mutter vor. Letztlich zahlte das Ehepaar dem Finanzmakler 160.000 EUR, damit er keine Einwendungen gegen den Erbscheinantrag stellt und die Eheleute so die Erbenposition erlangen.
Das Finanzamt hatte den Abzug der Abfindung bei der Veranlagung zur Erbschaftsteuer der Eheleute abgelehnt. Es begründete dies damit, dass der Erwerb des Nachlasses von Gesetzes wegen nach §§ 3 ErbStG, 1922 BGB eintrete. Der BFH widersprach und sah in Fällen, in denen die Erbenstellung aufgrund von widersprechenden Verfügungen erst geklärt werden müsse, auch Kosten im Zusammenhang mit der Klärung als Erwerbskosten an, denn nur durch diese Kosten könne die Erbenstellung erreicht werden.
Gleiches gilt auch für Zahlungen des Vorerben an den Nacherben, damit dieser auf ein Pflichtteilsrecht im Vorerbfall verzichtet, vgl. BFH in BStBl. II 1981, 473.