Archiv der Kategorie: Steuerrecht

Schenkungssteuer: Kann sie anfallen, selbst wenn es sich um einen entgeltlichen Vertrag handelt?

Auf dem ersten Blick möchte man meinen, dass ein entgeltliches Rechtsgeschäft (z. B. Kauf) die Erhebung von Schenkungssteuer ausschließt, da die Vertragspartner sich zu gegenseitigen Leistungen verpflichten. Dies gilt aber nicht für sogenannte gemischte Schenkungen. Was darunter zu verstehen ist und wie sich der Steuerwert insbesondere bei Gegenleistungen von Wohnrechten, Leibgeding (Verpflichtung zu bestimmten Besorgungen für den Vertragspartner) und Vorbehalten (Nießbrauch) bemisst, dazu äußerte sich der Bundesfinanzhof im Beschluss vom 5.7.2018 – II B 122/17. Der Wortlaut in Randziffer 14 zur Definition der gemischten Schenkung: „… Bleibt bei einer Zuwendung gegen Gegenleistung der Wert der Gegenleistung hinter dem Wert des Zuwendungsgegenstands zurück, kann eine gemischt-freigebige Zuwendung (gemischte Schenkung) vorliegen. Besteht eine auffalllende, über ein geringes Maß deutlich hinausgehende Diskrepanz zwischen Leistung und Gegenleistung, begründet dies die widerlegbare Vermutung, dass die Zuwendung im Umfang der Bereicherung unentgeltlich war, das heißt, dass dem Zuwendenden der Wertungerschied bekann und bewusst war…Ein solches Missverhältnis wird regelmäßig angenommen, wenn die tatsächliche Gegenleistung die sonst übliche angemessene Gegenleistung um 20 – 25 % unterschreitet…“ Der Gerichtsentscheidung lag ein Sachverhalt zugrunde, bei dem ein 83-jähriger Onkel seinem Neffen sein Grundstück übertrug, als Gegenleistung ein Wohnrecht in einer Wohnung des Anwesens und Pflege- und Verköstigungsverpflichtungen erhielt. Die Miete für eine andere Wohnung sollte dem Onkel bis zum Tod der Mieterin ebenso noch zustehen. Der überlassende Onkel verstarb fünf Monate nach Vertragsschluss und das Finanzamt setzte Schenkungssteuer fest. Der BFH bestätigte die Auffassung des Finanzamts. Im einzelnen wies er bei darauf hin, dass eingegangene Risiken der erhöhten Pflegebedürftigkeit und der damit verbundene höhere Pflegeaufwand nicht bei dem Wert der Gegenleistung berücksichtigt werden können, solange es zu einer entsprechenden Pflegebedürftigkeit noch nicht gekommen ist (aufschiebend bedingte Leistungsauflage). Ebenso bestätigt das Gericht die Auffassung der Finanzverwaltung, dass allein der Abzug der kapitalisierten Gegenleistungen vom Grundstückswert den Steuerwert ergebe. Hingegen müsse bei einer gemischten Schenkung für die Steuer keine gesonderte Berechnung des Verhältnisses zwischen dem zugewendeten Gegenstand und dem Wert der Gegenleistung vorgenommen werden. Zur Bewertung der Gegenleistungen folgt das Gericht strikt den Regeln des Bewertungsgesetzes und verneint eine Korrektur, selbst wenn der gemeine Wert (Verkehrswert) höher ist als der Wert, den das Gesetz (z. B. durch Anwendung von Multiplikatoren nach der Lebenserwartung des Begünstigten) bestimmt. Als Besonderheit im Entscheidungsfall wurde der Wert der Nutzungen, Lasten und Leistungen auf die tatsächliche Dauer korrigiert, da der Onkel bereits über 80 Jahre alt war und bereits fünf Monate nach Vertragsschluss verstarb (zur Korrektur vgl. § 14 Absatz 2, Satz 1 und 3 Bewertungsgesetz).

Als Konsequenz für die Planung der Vermögensnachfolge zu Lebzeiten ist daher zusammenfassend festzuhalten, dass Leistung und Gegenleistung in einem (noch) äquilvalenten Verhältnis gegenüberstehen sollten. Dies lässt sich durch Vorausberechnungen unter Einbeziehung zuverlässiger Bewertungen beurteilen. Im Zweifel könnte auch eine verbindliche Auskunft bei der Finanzbehörde vor Vertragsschluss eingeholt werden. Ebenso sollte aufgrund des höheren Sterberisikos des Überlassers die Vermögensnachfolge nicht erst behandelt werden, wenn er schon ein sehr hohes Alter erreicht hat.

Abzug von Testamentsvollstreckerkosten bei der Einkommensteuer

Der Bundesfinanzhof (BFH) befasste sich in seiner Entscheidung vom 8.11.2017, Aktenzeichen IX R 32/16, mit der Frage, wann Testamentsvollstreckerkosten bei der Einkommensteuer des Erben in Abzug gebracht werden können. Der Sachverhalt: Die Erblasserin ordnete in ihrem Testament an, dass der Testamentsvollstrecker als Vergütung für jedes Jahr 1,5 % vom Bruttonachlass erhalten solle. Der Nachlass hatte im Zeitpunkt des Erbfalls einen Bruttowert von über 5 Mio. €. Davon entfielen 19,33 % auf den Grundbesitz und 80,67 % auf das Kapitalvermögen. Der Testamentsvollstrecker berechnete der Klägerin von Anfang an monatlich 5.000 € zuzügl. Umsatzsteuer und bestimmte selbst den Zeitpunkt der Fälligkeit. Dadurch kam es zu unterschiedlich hohen jährlichen Belastungen. Die Klägerin als Alleinerbin machte den Abzug der Testamentsvollstreckerkosten zunächst mit den  Anteilen im Verhältnis zum Wert des Gesamtnachlasses zum Zeitpunkt des Todes der Erblasserin geltend. Für weitere Jahre machte sie dann den Abzug in Höhe von 90 Prozent  bei den Einkünften aus Vermietung geltend. Finanzamt und Finanzgericht akzeptierten letzteren Abzug nicht, daher wandte die Klägerin sich an den BFH. Er stellt zunächst klar, dass ein Abzug nur bei einer Dauertestamentsvollstreckung über einen längeren Zeitraum möglich ist, nicht jedoch bei einer  Testamentsvollstreckung lediglich zur Auseinandersetzung des Nachlasses. Die Kosten für den Bereich der Vermietung sollen jedenfalls abzugsfähig sein, da die Tätigkeit des Testamentsvollstreckers der eines Hausverwalters entspricht. Betrifft die Tätigkeit mehrere Einkunftsarten (wie hier), so sollen die Kosten aufgeteilt werden. Ist dies nicht möglich, so bestimmt sich nach dem Einzelfall, welche Tätigkeit im Vordergrund steht. Für den Urteilsfall bestätigt der BFH zwar, dass sich die Vergütung allein nach dem Verwaltungsvermögen (Wert des Nachlasses) aufgrund der Anordnung im Testament bestimmt, daher andere Gesichtspunkte (Zeitaufwand des Testamentsvollstreckers in den einzelnen Bereichen) keine Rolle spielen dürfen. Das höchste deutsche Steuergericht hebt die Entscheidung des Finanzgerichts aber dennoch auf, da das Verwaltungsvermögen nicht allein nach dem Wert zum Zeitpunkt des Erbfalls den Anteil bestimmen soll, sondern die Entwicklung des Vermögens in den einzelnen Jahren zu ermitteln und daraus der Anteil zu bilden ist.

Für die Beratungspraxis zur Formulierung eines Testaments mit Dauertestamentsvollstreckung ist die Entscheidung von Bedeutung. Will der Erblasser dem Erben den Abzug der Testamentsvollstreckerkosten bei Tätigkeiten im Bereich der Einkunftsarten ermöglichen, so sollte er die jährliche Vergütung für jede Einkunftsart selbst bestimmen. Damit dürfte er den Problemen aus dem Urteilsfall aus dem Weg gehen, da der BFH dem Willen des Erblassers auch bei der Frage Höhe und der Verteilung der Vergütung erhebliche Bedeutung zumisst. Von einer Bestimmung der Vergütung allein nach dem Nachlasswert ohne genaue Aufteilung ist hingegen abzuraten.

Das Ende der Daten-CD: Deutschland erhält jetzt von ausländischen Banken direkt Auskünfte!

Daten-CD war gestern. Der teure Einkauf von Daten der Kunden bei ausländischen Banken erübrigt sich, weil zwischenzeitlich sehr viele Länder ein Abkommen ratifiziert haben, mit dem sie die Banken zum jährlichen Austausch von Informationen über persönliche Daten von Kunden sowie Art und Höhe der Finanzanlagen verpflichten. In der Liste der teilnehmenden Länder finden sich von den Aland Inseln bis Zypern auch (frühere) Steueroasen wie Liechtenstein, Schweiz, Malta oder sogar Cayman Islands. In Deutschland erfolgte die innerstaatliche Umsetzung durch das Gesetz zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen (Finanzkonteninformationsaustauschgesetz – FKAustG). Erste Meldungen über das Jahr 2016 haben daher die verpflichteten Institute in Deutschland bereits im Juli 2017 versendet. Man sollte nicht darauf vertrauen, dass die Umsetzung der Meldepflicht in anderen Ländern aufgrund organisatorischer Probleme oder sogar Widerstand der Institute sich verzögert. Für die Schweiz gilt immerhin, dass die Daten über das Jahr 2017 in 2018 gemeldet werden. Zuständige Behörde in Deutschland ist das Bundeszentralamt für Steuern. Wieviel Zeit es zur Übermittlung der Daten an das jeweilige für den Steuerpflichtigen zuständige Finanzamt benötigt, ist nicht bekannt und dürfte somit der einzige Rettungsanker für Betroffene sein. Denn die Tat gilt erst dann als entdeckt im Sinn von § 371 Absatz 2 Nr. 2 AO, wenn der Steuerpflichtige mit der Entdeckung rechnen musste (subjektives Element). In der Regel informieren erst die zuständigen Finanzämter über die Entdeckung und fordern zur Stellungnahme auf. Auf jeden Fall sollte jeder, der noch die Chance der Strafbefreiung mittels Selbstanzeige nutzen kann, rasch handeln. Die Hinzuziehung eines Beraters empfiehlt sich, da eine fehlgeschlagene (z.B. unvollständige) Anzeige keine Strafbefreiung bedeutet. Er kann im Einzelfall auch darüber aufklären, ob die sonstigen Vorausetzungen für die Selbstanzeige vorliegen oder nicht, bzw., mit welcher Strafe bei fehlender Möglichkeit der Selbstanzeige zu rechnen ist, und, was man noch für eine mildere Strafe tun kann.

Vermögensauseinandersetzung: die Steuerfalle beim Familienheim

Wie wichtig Kenntnisse aus verschiedenen Rechtsgebieten sein können, zeigt folgender – nicht ungewöhnlicher – Fall, bei dem Familienrecht und Steuerrecht gefragt sind:

 

M und F sind verheiratet, sie wohnen in einem Haus, welches M bei Eheschließung gekauft hat, er ist als Alleineigentümer eingetragen.  Die Eheleute nutzen das Haus zu eigenen Wohnzwecken. Nach acht Jahren trennt sich jedoch M von F und zieht aus. Er geht zum Rechtsanwalt für die Scheidung und die Vermögensauseinandersetzung, der dazu rät, von F wegen der Nutzung des Hauses eine Entschädigung geltendzumachen. M ist einverstanden und der Anwalt fordert eine monatliche Entschädigung in Höhe der hälftigen Marktmiete von F, welche die Forderung zur Streitvermeidung freiwillig entrichtet. Bei der Vermögensauseinandersetzung einigen sich die Eheleute darauf, dass das Haus verkauft wird, was aufgrund der hohen Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt zu einem sehr guten Preis schon nach wenigen Monaten gelingt.  Wo liegt das Problem?

Der Veräußerungsgewinn (Differenz zwischen Verkaufserlös und Anschaffungskosten) des Ehemanns für den Verkauf seines Miteigentumsanteils ist nach § 23 Absatz 1 Nr. 1 EStG einkommensteuerpflichtig. Die Immobilie wurde innerhalb von zehn Jahren angeschafft und veräußert. Zwar ist von der Besteuerung ausgenommen, wenn die Immobilie „im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken“ genutzt wurde. Eine ausschließliche „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ liegt aber nicht vor. Der Begriff definiert sich gemäß der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nach dem (außer Kraft getretenen) § 10e EStG und der (außer Kraft getretenen) Vorschrift des § 4 Eigenheimzulagengesetz, vgl. BFH v. 18.1.2006, IX R 18/03, BFH/NV 2006, 936; BMF v. 31.12.1994, IV B 3 – S 2225a – 294/94, BStBl I 1994, 887. Eine Wohnung wird im Regelfall dann zu eigenen Wohnzwecken genutzt, wenn der Eigentümer allein oder zusammen mit Familienangehörigen bzw. anderen in den Haushalt aufgenommenen Personen darin wohnt (BFH/NV 1998, 160;, BFHE 186, 271, BStBl II 1998, 563, , BFHE 196, 527, BStBl II 2002, 380). Schon dies ist aufgrund des Auszugs des Ehemanns (Eigentümer) nicht der Fall.

 

Fallvariante: Wie Sachverhalt oben, aber die Ehefrau zahlt keine Nutzungsentschädigung an den Mann.

Lösung wie oben, da mit dem Auszug des Ehemanns keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken mehr vorliegt.

 

Fallvariante: F ist hälftige Miteigentümerin und erhält mit Verkauf den hälftigen Erlös.

Bezüglich des Anteils von M bleibt es bei der Besteuerung des Veräußerungsgewinns, da er ausgezogen ist.  Wenn F aber bis zum Verkauf die Immobilie bewohnt, wird ihr Anteil nicht besteuert. Indirekt kann sie aber aufgrund der Steuerschuld des Ehemanns auch einen Nachteil erleiden, wenn die Steuern vor Scheidungsantrag fällig werden und der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft besteht. Dann mindert die Forderung des Finanzamts den Zugewinn des Ehemanns, was zu einer Reduzierung oder den völligen Wegfall einer vorher bestehenden Forderung des Zugewinnausgleichs der Ehefrau führen kann.

 

Fallvariante: wie vorige Variante, aber die Eheleute haben ein acht Jahre altes gemeinsames Kind K, das bis zum Verkauf mit F gemeinsam im Haus wohnt.

Auch der Umstand, dass K nach Auszug von M in dem Haus weiter wohnt, ändert nichts an der Steuerbarkeit des Veräußerungsgewinns für den hälftigen Miteigentumsanteil von M. Zwar kann die alleinige Überlassung der Wohnung an ein Kind im Sinne von § 32 EStG als Nutzung zu eigenen Wohnzwecken angesehen werden, vgl. BFH v. 26.1.1994, X R 94/91, BStBl II 1994, 544; BMF v. 5.10.2000, IV C 3 – S 2256 – 263/00, BStBl I 2000, 1383. Hier bewohnt aber auch die Ehefrau das Haus weiterhin. Wichtig: Der Gedanke aus § 4 Satz 2 Eigenheimzulagengesetz, dass eine unentgeltliche Überlassung der Wohnung an Angehörige (z. B. Ehegatte) im Sinne von § 15 AO auch eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken darstellt, ist auf §  23 EStG nicht anwendbar.

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Fallvariante: Die Eheleute ziehen beide mit Trennung aus und überlassen das Haus dem gemeinsamen 20 Jahre alten Kind V zur alleinigen Nutzung, das zur Zeit studiert.

Dies würde nur dann die Besteuerung des Veräußerungsgewinns verhindern, wenn V durchgehend nicht nur im Jahr der Veräußerung, sondern bereits in den beiden vorangegangenen Jahren die Wohnung zur alleinigen Nutzung erhalten hätte, vgl. § 23 Absatz 1, Nr. 1, Satz 3, 2. Alternative EStG. Daneben durfte die Voraussetzungen der unentgeltlichen Überlassung an ein Kind im Sinne von § 32 EStG in diesem Zeitraum nicht unterbrochen werden, sei es durch eine Vermietung, sei es durch Beendigung des Studiums und Wegfall der Kindergeldberechtigung. Diese Frage der  „Ausschließlichkeit“ sollte zwar in einem Revisionsverfahren des BFH, Az. IX R 15/16, geprüft werden, die Revision wurde jedoch als unzulässig verworfen, es bleibt bei der hier dargestellten bisherigen Auffassung der herrschenden Meinung, Rechtsprechung und Finanzverwaltung.

 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bei Auszug einer Ehegatten und (Mit-) Eigentümers sowie Verkaufsabsicht stets die Frage der Steuerpflicht des Veräußerungsgewinns geprüft werden muss. Im Zweifel sollte alles versucht werden, die Immobilie erst nach Ablauf der Zehn-Jahres-Frist seit Anschaffung zum Verkauf anzubieten.

 

 

Häusliches Arbeitszimmer bei Selbstständigen

Der Bundesfinanzhof hat in seiner Entscheidung vom 22.02.2017 (Aktenzeichen III R 9/16) sich mit der Frage auseinandergesetzt, wann selbstständige Unternehmer neben dem von ihnen eingerichteten und unterhaltenen Arbeitsräumen zusätzlich die Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers gewinnmindernd geltend machen können. Im Gesetz heißt es hierzu, dass u.a. folgende Ausgaben den Gewinn nicht mindern dürfen (§ 4 Absatz 5 Nr. 6b EStG): „Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung.“ Weiter sagt die Vorschrift: „Dies gilt nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 Euro begrenzt.“ Und schließlich: „Die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet“. Immerhin lässt sich aus dem letzten Satz schließen, dass bei ganz überwiegender Ausübung der selbstständigen Erwerbstätigkeit vom häuslichen Arbeitszimmer aus die Kosten hierfür steuermindernd ohne Einschränkung abgezogen werden können. Wie steht es aber um den Selbstständigen, der neben seinem Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit (Büro, Praxis, Werkstatt etc.) zuhause in einem Zimmer arbeitet? Wann steht ihm „kein anderer Arbeitsplatz“ als das häusliche Arbeitszimmer zur Verfügung? Im Urteilsfall ging es um einen Logopäden, der an zwei Orten Praxisräume mit insgesamt vier Angestellten betrieb. Er gab an, er könne dort nicht bestimmte Büro- und Verwaltungsarbeiten erledigen, da die vorhandenen Tische und übrige Einrichtung ausschließlich zur Behandlung der Patienten verwendet werden könnten, im übrigen ein Zugriff der Mitarbeiter auf vertrauliche Daten möglich sei, wenn die verwaltungstechnischen Arbeiten in den Praxisräumen erledigt werden würden. Zudem seien die Verwaltungsarbeiten nach Dienstschluss außerhalb der Praxisöffnungszeiten nicht zumutbar. Das Finanzamt lehnte den Abzug der Kosten für das häusliche Arbeitszimmer ab, die Arbeiten hätten auch in der Praxis erledigt werden können, die ausreichend ausgestattet sei. Dagegen wandte sich der Steuerpflichtige mit Klage und erhielt Recht, er konnte also jährlich bis zu 1.250 EUR Kosten für das häusliche Arbeitszimmer abziehen. Der BFH bestätigte die Entscheidung des Finanzgerichts damit, dass allein das Vorhandensein eines Tischs in der Praxis nicht genüge, um die Verwaltungsarbeiten dort zuzumuten. Es sei auch auf die Tätigkeit außerhalb der Praxis, deren Größe, Ausstattung, die Zahl der Mitarbeiter, aber auch die Vertraulichkeit der Arbeiten abzustellen. Im Zusammenhang mit früheren Entscheidungen betont der BFH, dass es dem Steuerpflichtigen nicht immer zumutbar ist, Unterlagen und Geschäftspapiere in seine Arbeitsräume (hier Praxis) zu verbringen und dort zu bearbeiten.
Zusammenfassend lässt sich für einige in selbstständiger Tätigkeit ausgeübten Berufe der Schluss ziehen, dass bei beengten räumlichen Verhältnissen, Einsatz von Mitarbeitern und Vertraulichkeit der zu bearbeitenden Geschäftspapiere der Abzug der Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers (zusätzlich) gerechtfertigt erscheint. Insbesondere bei medizinischer oder handwerklicher Tätigkeit werden die Raume typischerweise nicht immer für Büroverwaltungsarbeiten geeignet sein. Natürlich sollte man auch auf eine entsprechende Trennung der Einrichtung achten, wenn die Kosten des häuslichen Arbeitszimmers in Abzug gebracht werden. Ob allerdings ein Arzt, Anwalt oder Steuerberater aufgrund dieser Rechtsprechung u.a. mit der Begründung, er müsse auch seine Unterlagen vertraulich unter Ausschluss der Mitarbeiter zuhause bearbeiten, den Abzug erreichen kann, bleibt fragwürdig. Ebenso offen und klärungsbedürftig erscheint die Frage in Fällen, in denen die Arbeitsräume keine ausreichende technische Ausstattung (Computer) oder keinen Internetanschluss vorsehen und daher zuhause gearbeitet werden muss.

Kann man Kosten einer betrieblichen Geburtstagsfeier bei der Steuer abziehen?

Für die Beurteilung der Frage, ob Kosten einer Feier in dem beruflichen Bereich steuermindernd berücksichtigt werden können, gilt grundsätzlich das erhebliche Indiz des Anlasses für die Feier. Liegt der Anlass im privaten Bereich, so z. B. bei einer Geburtstagsfeier des Arbeitnehmers, scheidet regelmäßig die Annahme von steuermindernden Werbungskosten aus. Der Anlass ist laut einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 10.11.2016, VI R 7/16, nicht das allein bestimmende Kriterium. Im Urteilsfall hatte der Kläger als Geschäftsführer einer GmbH zur Feier seines 60. Geburtstags alle Mitarbeiter und den Aufsichtsratsvorsitzenden an einem Werktag zu einer üblichen Arbeitszeit eingeladen (Kosten je Mitarbeiter ca. 35 EUR). Die Miitarbeiter erschienen teilweise in Arbeitskleidung. Die Kosten für diese Veranstaltung setzte der Kläger als Werbungskosten an. Er feierte daneben auch noch privat mit erheblich höheren Kosten. Der BFH ließ hier den steuerlichen Abzug zu. Dies sei dann möglich, wenn die Feier nicht der repräsentativen Erfüllung gesellschaftlicher Konventionen, sondern dem kollegialen Miteinander und der Pflege des Betriebsklimas diene. Der BFH sah im Urteilsfall maßgebende Kriterien darin, dass nur Mitarbeiter feierten (keine Presse oder unternehmensfremde Personen), teilweise die Gäste auch nur Arbeitskleidung trugen, die Kosten und der Rahmen (Bierzelt) der Feier maßvoll waren, sie während der Arbeitszeit stattfand, und der Kläger daneben (abgrenzbar) andere private Feiern veranstaltete. Hingegen war nicht entscheidend, dass der Arbeitgeber des Klägers nicht eingeladen hatte.
Die Entscheidung zeigt, dass bei einer streng betriebsintern geführten Veranstaltung sogar der private Anlass (Geburtstag) bei der Beurteilung der steuerlichen Abzugsfähigkeit zurücktreten kann. Es bedarf aber einiger äußerlich wahrnehmbarer Merkmale und einer entsprechenden Dokumentation. Die Finanzämter dürften nämlich weiterhin nur sehr eingeschränkt den Werbungskostenabzug anerkennen, daher müssen die tatsächlichen Umstände zur Beurteilung im Finanzgerichtsprozess lückenlos nachgewiesen werden.

Verlangt das Finanzamt zu hohe Zinsen?

Immer wieder taucht die Frage auf, ob der nach § 238 Abgabenordnung (AO) bestimmte Zinssatz von 6 Prozent bei der zur Zeit gegebenen Niedrigzinsphase noch gerechtfertigt ist. Besonders ärgerlich sind die festgesetzten Zinsen dann, wenn sie – wie in der Regel – dem Umstand geschuldet sind, dass das Finanzamt viel Zeit zur Bearbeitung der Steuererklärung benötigt. Zuletzt hatte allerdings der Bundesfinanzhof die gesetzliche Zinshöhe nicht beanstandet (Urteil vom 14.04.2015, IX R 5/14, BFH/NV 2015,1329. Er begründete dies mit der Vergleichbarkeit des Zinsfusses von nicht gesicherten Geschäfts- und Privatkrediten. Da der zu beurteilende Sachverhalt aber einige Jahre zurück liegt, zwischenzeitlich die Zinsen weiter gefallen sind, fragt sich, ob diese Rechtsprechung noch Bestand haben wird. Aktuell gibt es ein Verfahren vor dem Finanzgericht Münster unter dem Aktenzeichen 10 K 2472/16 E, in dem es auch um die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Zinsen geht. Wer sich gegen festgesetzte Zinsen im Steuerbescheid wehren will, sollte fristgemäß Einspruch dagegen einlegen und sich auf das Verfahren vor dem FG Münster berufen.

Darf der Unternehmer einen Investitionsabzugsbetrag nach §7g EStG nachträglich bilden?

§7g Einkommensteuergesetz (EStG) soll kleineren Unternehmen die Möglichkeit eröffnen, künftige Anschaffungs- und Herstellungskosten für ein abnutzbares bewegliches Wirtschaftsgut des Anlagevermögens in Höhe von bis zu 40 Prozent abzuziehen. Dabei muss die Anschaffung nicht im Jahr der erstmaligen Erklärung (Bezifferung der voraussichtlichen Höhe der Kosten und der Funktion des Wirtschaftsguts außerhalb der Bilanz) erfolgen, sondern auch noch innerhalb der darauffolgenden Wirtschaftsjahre. Dazu muss der Steuerpflichtige auch eine entsprechende „Absicht“ der Investition haben (so jedenfalls der von 2008 bis 2015 geltende Wortlaut). Wann kann man diese Absicht annehmen? Wer trägt hierfür die Feststellungslast (entspricht der Beweislast)? Interessanterweise vertreten die Finanzbehörden zu diesen Fragen eine andere Auffassung als die Finanzgerichte. Denn natürlich wollen die Finanzämter der Möglichkeit entgegentreten, dass ein Unternehmer im Rahmen einer Außenprüfung (Betriebsprüfung) festgestellte höhere Gewinne für Vorjahre noch durch Bildung und Erklärung eines Investitionsabzugsbetrags für ein zwischenzeitlich angeschafftes Wirtschaftsgut „nachträglich“ korrigiert. Ebenso könnten Steuerbescheide, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergehen, noch „nachträglich“ zugunsten des Steuerpflichtigen geändert werden, da es an einer formellen Bestandskraft der Bescheide fehlt. Nun hat der Bundesfinanzhof (BFH) in seiner Entscheidung vom 23.03.2016, IV R 9/14, klargestellt, dass der Zweck der Vorschrift, nämlich Stärkung von Liquidität, Innovations- und Investitionskraft der Unternehmen, auch die Zulassung einer nachträglichen Geltendmachung des Abzugsbetrags gebietet. Nach der Urteilsbegründung kann die Investitionsabsicht als „innere Tatsache“ nur anhand von äußeren Umständen geprüft werden. Wird dabei die Absicht mit einem später innerhalb des Investitionszeitraums angeschafften Wirtschaftsgut begründet, sind auch sonst keine Zweifel daran ersichtlich, so spricht dies laut BFH für den Nachweis der Absicht, und zwar auch dann, wenn es um eine Korrrektur des Gewinns aufgrund einer Außenprüfung geht (so im zu beurteilenden Fall). Die Feststellungslast trägt allerdings grundsätzlich der Unternehmer.

Zusammenfassend lässt sich aufgrund des Urteils des BFH für den Zeitraum der Jahre 2008 bis 2015 sagen, dass die Bildung Investitionsabzugsbetrags auch nachträglich zuzulassen ist, wenn die Absicht durch ein zwischenzeitlich angeschafftes Wirtschaftsgut nachgewiesen wird, auf dessen Anschaffungskosten sich der Abzugsbetrag bezieht. Eines Finanzierungszusammenhang bedarf es nicht. Sollte ein Finanzamt den nachträglichen Abzug nicht zulassen (die Finanzverwaltung wendet die zitierte Entscheidung des BFH nicht an), empfiehlt sich die Klärung vor dem Finanzgericht.

Für Abzugsbeträge ab 2016 ist die Rechtslage noch ungeklärt. Immerhin hat der Gesetzgeber in der ab Veranlagunsgszeitraum 2016 anzuwendenden Fassung die Voraussetzung der Absicht zur Investition gestrichen, was für einen Wegfall dieser „inneren Tatsache“ spricht. Letztlich bedarf es einer höchstrichterlichen Klärung und sind streitige Fälle bis dahin durch Rechtsmittel offen zu halten.

Steuerfalle bei Freiberuflern: Selbständig arbeitendes nicht überwachtes Personal

In Praxen von Ärzten und Zahnärzten, in Steuerberater- und Anwaltskanzleien, aber auch bei Unternehmensberatern sowie kreativen Berufen gehört es zum gewöhnlichen Bild, dass die Partner sich geschulten Personals bedienen, um bestimmte Aufgaben im Arbeitsablauf erledigen zu lassen. Bekanntlich schulden die Freiberufler grundsätzlich keine Gewerbesteuer, da sie keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen, sondern Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit gemäß § 18 EStG erzielen. Dies kann aber anders aussehen, wenn das helfende Personal so weitreichend eigenständig arbeitet, dass der Freiberufler nicht mehr die Tätigkeit überwacht bzw. ihr „seinen eigenen Stempel aufdrückt“. Dann erfolgt eine Umqualifizierung in Einkünfte aus Gewerbebetrieb, was insbesondere Gewerbesteuerpflicht auslöst. Im einzelnen äußert sich hierzu der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 03.11.2016 , Az. VIII R 62/13, BStBl II 2016, 381. Die Richter betonen in dieser Entscheidung, dass gemäß Gesetzeswortlaut der Freiberufler auch bei Mithilfe von Personal leitend und eigenverantwortlich tätig sein muss. Im zu beurteilenden Fall wurde eine Ärztin mit einem Praxisanteil von Null in eine Ärztegemeinschaft aufgenommen. Die Ärztin hatte zwar eine Option auf eine Beteiligung von einem Drittel, übte sie aber nicht aus. Ihr Gewinnanteil betrug allein 37 Prozent der von ihr erwirschafteten Honorare. Ein Abfindungsanspruch bei Ausscheiden bestand nicht. Auf dieser Basis behandelte die Ärztin eigenständig Patienten der Praxisgemeinschaft. Der BFH bestätigte die Auffassung der Finanzverwaltung, dass die Ärztin nicht Teilhaberin der Gemeinschaft ist und aufgrund der eigenständigen Tätigkeit der Berufsträgerin die Praxisgemeinschaft gewerbliche Einkünfte erzielt, daher gewerbesteuerpflichtig ist.
Hinweise und Tipps: Der Nachteil der Gewerbesteuerpflicht wirkt sich bei Praxisgemeinschaften besonders nachteilhaft aus, da schon die eigenverantwortliche Tätigkeit in einem bestimmten Fachgebiet oder Teilbereich ohne Überwachung und Leitung eines beteiligten Partners sämtliche Einkünfte der Praxisgemeinschaft „infiziert“ (Abfärbetheorie nach § 15 Absatz 3 Nr. 1 EStG). Andererseits muss aber bei einer kontrollierten Mithilfe darauf geachtet werden, dass die Weisungsbefugnis nicht überstrapaziert wird, sonst ist eine nichtselbstständige Tätigkeit mit Haftung des Arbeitgebers hinsichtlich Lohnsteuern und Sozialversicherungen anzunehmen.
Entscheidet sich jedenfalls der Freiberufler für die Unterstützung durch einen Selbstständigen (z.B. Subunternehmer), so muss er die Arbeitsabläufe so organisieren, dass für jede übernommene Tätigkeit der helfenden Person daneben die leitende und aufgrund eigener Fachkenntnisse eigenständige Tätigkeit des Freiberuflers dokumentiert ist. Dies kann bei Ärzten z.B. durch das  Aufnahmegespräch oder wichtige Behandlungsentscheidungen geschehen. Bei rechts- und steuerberatender Tätikeit wäre eine Dokumentation durch Zeichnung der Schriftsätze möglich. Ebenso wichtig ist es, auch für Zeiten der Abwesenheit des Freiberuflers (Urlaub, Krankheit) die Kontrolle durch Vertretung zu organisieren und alle Nachweise für den Fall der Außenprüfung aufzubewahren.

Erbschaftsteuer: Abfindung im Erbrechtsstreit ist abzugsfähig

Der Bundesfinanzhof hat in einer Entscheidung vom 15.06.2016 (II R 24/15)klargestellt, dass eine Abfindung im Rechtsstreit um die Frage, wer Erbe ist, bei der Erbschaftsteuer als Erwerbskosten nach § 10 Absatz 5 Nr. 3 Erbschaft- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG) in Abzug gebracht werden darf. Ein Ehepaar und ein Finanzberater stritten sich vor dem Nachlassgericht darum, wer die Mutter der Ehefrau beerbte, es lagen mehrere Verfügungen der Mutter vor. Letztlich zahlte das Ehepaar dem Finanzmakler 160.000 EUR, damit er keine Einwendungen gegen den Erbscheinantrag stellt und die Eheleute so die Erbenposition erlangen.
Das Finanzamt hatte den Abzug der Abfindung bei der Veranlagung zur Erbschaftsteuer der Eheleute abgelehnt. Es begründete dies damit, dass der Erwerb des Nachlasses von Gesetzes wegen nach §§ 3 ErbStG, 1922 BGB eintrete. Der BFH widersprach und sah in Fällen, in denen die Erbenstellung aufgrund von widersprechenden Verfügungen erst geklärt werden müsse, auch Kosten im Zusammenhang mit der Klärung als Erwerbskosten an, denn nur durch diese Kosten könne die Erbenstellung erreicht werden.
Gleiches gilt auch für Zahlungen des Vorerben an den Nacherben, damit dieser auf ein Pflichtteilsrecht im Vorerbfall verzichtet, vgl. BFH in BStBl. II 1981, 473.