Vermögensauseinandersetzung: die Steuerfalle beim Familienheim

Wie wichtig Kenntnisse aus verschiedenen Rechtsgebieten sein können, zeigt folgender – nicht ungewöhnlicher – Fall, bei dem Familienrecht und Steuerrecht gefragt sind:

 

M und F sind verheiratet, sie wohnen in einem Haus, welches M bei Eheschließung gekauft hat, er ist als Alleineigentümer eingetragen.  Die Eheleute nutzen das Haus zu eigenen Wohnzwecken. Nach acht Jahren trennt sich jedoch M von F und zieht aus. Er geht zum Rechtsanwalt für die Scheidung und die Vermögensauseinandersetzung, der dazu rät, von F wegen der Nutzung des Hauses eine Entschädigung geltendzumachen. M ist einverstanden und der Anwalt fordert eine monatliche Entschädigung in Höhe der hälftigen Marktmiete von F, welche die Forderung zur Streitvermeidung freiwillig entrichtet. Bei der Vermögensauseinandersetzung einigen sich die Eheleute darauf, dass das Haus verkauft wird, was aufgrund der hohen Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt zu einem sehr guten Preis schon nach wenigen Monaten gelingt.  Wo liegt das Problem?

Der Veräußerungsgewinn (Differenz zwischen Verkaufserlös und Anschaffungskosten) des Ehemanns für den Verkauf seines Miteigentumsanteils ist nach § 23 Absatz 1 Nr. 1 EStG einkommensteuerpflichtig. Die Immobilie wurde innerhalb von zehn Jahren angeschafft und veräußert. Zwar ist von der Besteuerung ausgenommen, wenn die Immobilie „im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken“ genutzt wurde. Eine ausschließliche „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ liegt aber nicht vor. Der Begriff definiert sich gemäß der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nach dem (außer Kraft getretenen) § 10e EStG und der (außer Kraft getretenen) Vorschrift des § 4 Eigenheimzulagengesetz, vgl. BFH v. 18.1.2006, IX R 18/03, BFH/NV 2006, 936; BMF v. 31.12.1994, IV B 3 – S 2225a – 294/94, BStBl I 1994, 887. Eine Wohnung wird im Regelfall dann zu eigenen Wohnzwecken genutzt, wenn der Eigentümer allein oder zusammen mit Familienangehörigen bzw. anderen in den Haushalt aufgenommenen Personen darin wohnt (BFH/NV 1998, 160;, BFHE 186, 271, BStBl II 1998, 563, , BFHE 196, 527, BStBl II 2002, 380). Schon dies ist aufgrund des Auszugs des Ehemanns (Eigentümer) nicht der Fall.

 

Fallvariante: Wie Sachverhalt oben, aber die Ehefrau zahlt keine Nutzungsentschädigung an den Mann.

Lösung wie oben, da mit dem Auszug des Ehemanns keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken mehr vorliegt.

 

Fallvariante: F ist hälftige Miteigentümerin und erhält mit Verkauf den hälftigen Erlös.

Bezüglich des Anteils von M bleibt es bei der Besteuerung des Veräußerungsgewinns, da er ausgezogen ist.  Wenn F aber bis zum Verkauf die Immobilie bewohnt, wird ihr Anteil nicht besteuert. Indirekt kann sie aber aufgrund der Steuerschuld des Ehemanns auch einen Nachteil erleiden, wenn die Steuern vor Scheidungsantrag fällig werden und der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft besteht. Dann mindert die Forderung des Finanzamts den Zugewinn des Ehemanns, was zu einer Reduzierung oder den völligen Wegfall einer vorher bestehenden Forderung des Zugewinnausgleichs der Ehefrau führen kann.

 

Fallvariante: wie vorige Variante, aber die Eheleute haben ein acht Jahre altes gemeinsames Kind K, das bis zum Verkauf mit F gemeinsam im Haus wohnt.

Auch der Umstand, dass K nach Auszug von M in dem Haus weiter wohnt, ändert nichts an der Steuerbarkeit des Veräußerungsgewinns für den hälftigen Miteigentumsanteil von M. Zwar kann die alleinige Überlassung der Wohnung an ein Kind im Sinne von § 32 EStG als Nutzung zu eigenen Wohnzwecken angesehen werden, vgl. BFH v. 26.1.1994, X R 94/91, BStBl II 1994, 544; BMF v. 5.10.2000, IV C 3 – S 2256 – 263/00, BStBl I 2000, 1383. Hier bewohnt aber auch die Ehefrau das Haus weiterhin. Wichtig: Der Gedanke aus § 4 Satz 2 Eigenheimzulagengesetz, dass eine unentgeltliche Überlassung der Wohnung an Angehörige (z. B. Ehegatte) im Sinne von § 15 AO auch eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken darstellt, ist auf §  23 EStG nicht anwendbar.

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Fallvariante: Die Eheleute ziehen beide mit Trennung aus und überlassen das Haus dem gemeinsamen 20 Jahre alten Kind V zur alleinigen Nutzung, das zur Zeit studiert.

Dies würde nur dann die Besteuerung des Veräußerungsgewinns verhindern, wenn V durchgehend nicht nur im Jahr der Veräußerung, sondern bereits in den beiden vorangegangenen Jahren die Wohnung zur alleinigen Nutzung erhalten hätte, vgl. § 23 Absatz 1, Nr. 1, Satz 3, 2. Alternative EStG. Daneben durfte die Voraussetzungen der unentgeltlichen Überlassung an ein Kind im Sinne von § 32 EStG in diesem Zeitraum nicht unterbrochen werden, sei es durch eine Vermietung, sei es durch Beendigung des Studiums und Wegfall der Kindergeldberechtigung. Diese Frage der  „Ausschließlichkeit“ sollte zwar in einem Revisionsverfahren des BFH, Az. IX R 15/16, geprüft werden, die Revision wurde jedoch als unzulässig verworfen, es bleibt bei der hier dargestellten bisherigen Auffassung der herrschenden Meinung, Rechtsprechung und Finanzverwaltung.

 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bei Auszug einer Ehegatten und (Mit-) Eigentümers sowie Verkaufsabsicht stets die Frage der Steuerpflicht des Veräußerungsgewinns geprüft werden muss. Im Zweifel sollte alles versucht werden, die Immobilie erst nach Ablauf der Zehn-Jahres-Frist seit Anschaffung zum Verkauf anzubieten.